http://www.photonette.net/

 

Henry Morton Stanley

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

 

 Afrika

 

Rot: Expedition 1871/72; Grün: Expedition 1874-77; Blau: Expedition 1888/89

 

Die Suche nach Livingstone 1870/71

Vom schottischen Missionar und Afrikaforscher David Livingstone, einem Arzt, der im Auftrag der London Missionary Society unterwegs war, gab es seit seinem Aufbruch 1866 kein Lebenszeichen mehr. Obwohl Stanley die Geschichte später sehr dramatisch darstellte, brach er erst ein ganzes Jahr später auf. Zwischendurch berichtete er für seine Zeitung noch von der Eröffnung des Sueskanals, von Ausgrabungen in Jerusalem und schließlich aus Konstantinopel. Erst 1870 brach er von Bombay aus auf, Livingstone zu finden.

"Doktor Livingstone, nehme ich an"

"Doktor Livingstone, nehme ich an"

Wie er es im Abessinienkrieg gelernt hatte, brach er mit einem riesigen Tross auf, 190 Männer, nur zwei weitere Briten, die übrigen afrikanische Träger. Er bewegte sich von Osten her Richtung Zentralafrika und begegnete am 10. November 1871 in Udschidschi, in der Nähe des Tanganjikasees einem Europäer. "Doctor Livingstone, I presume?" - "Doktor Livingstone, nehme ich an", soll er gesagt haben. Da Stanleys europäische Begleiter die Reise nicht überlebten, die Afrikaner nie befragt wurden und Livingstone bis zu seinem Tod ein Jahr später nichts aufschrieb, liegt nur Stanleys Bericht vor.

Die beiden Männer waren sehr verschieden: Hier der Missionar Livingstone, der Afrika und die Afrikaner liebte, ihre Sprachen lernte und keinen Profit aus seinen Reisen zog. Dort Stanley, der ehrlich zugab, den Kontinent von ganzem Herzen zu verabscheuen. Seine Bücher über Afrika heißen denn auch "Durch den dunklen Weltteil" oder "Im dunkelsten Afrika", und dunkel war in Stanleys Augen nicht nur die Hautfarbe der Bewohner.

Exkurs: Stanleys Bücher über Afrika

Stanleys Bücher über Afrika enthalten sehr viele Details. In "Durch den dunklen Weltteil" gibt es über hundert Zeichnungen, unter anderem Pläne afrikanischer Häuser, Pläne typischer Dörfer, Zeichnungen von Schlachten, Vergleich verschiedener afrikanischer Kanupaddel. Tabellen informieren über die Luft- und Wassertemperatur, die Tiefe der verschiedenen Seen, oder über den Preis eines Huhnes. Seine Bücher enthalten auch oft Auszüge seiner Tagebücher, allerdings haben diese mit den wirklichen Tagebüchern oft nicht so viel zu tun. Dort führte er beispielsweise Buch über die Bestrafung von Trägern: "Die beiden Betrunkenen zu 100 Peitschenhieben verurteilt, danach 6 Monate in Ketten."

Zurück in London, 1872

Während Stanley in Afrika war, schrieb er seiner Verlobten Katie Gough-Roberts, einer jungen Frau aus seiner Heimatstadt Denbigh, viele Briefe, die er ihr von Häfen aus auch schickte. In einem gestand er seine wahre Herkunft, uneheliche Geburt und unglückliche Kindheit. Leider musste er nach seiner Rückkehr feststellen, dass sie in der Zwischenzeit einen anderen geheiratet hatte. Stanley, der Zeit seines Lebens Angst hatte, seine Herkunft könne bekannt werden, versuchte, diese Briefe wieder an sich zu bringen, doch vergebens.

Die Royal Geographical Society empfing Stanley mit Hochmut, denn auch sie hatte eine Expedition ausgeschickt, Livingstone zu finden, doch zu spät. Die Echtheit der Briefe, die er von Livingstone mitgebracht hatte, wurde angezweifelt, und Königin Victoria empfing ihn zwar, urteilte danach aber, er sei ein "grässlicher kleiner Mann".

Zweite Afrikaexpedition, 1874–77

Ziel der zweiten Expedition war es, herauszufinden, woher der Nil kommt. Livingstone dachte, der Lualaba sei die Quelle des Nils, während der Brite John Speke dachte, der Nil entspringe am Nordufer des Viktoriasees. Doch Stanley wollte außerdem beweisen, dass seine erste Reise kein Zufallstreffer war. Er zog nicht nur mit 359 Mann los, sondern hatte ein Schiff dabei, die Lady Alice, in Einzelteile zerlegt. Das Schiff war nach seiner Verlobten Alice Pike benannt, nach der er noch einige geographische Entdeckungen benennen sollte, etwa Alice Island und Alice Rapids. Doch nach seiner Rückkehr musste er (wieder einmal) feststellen, dass die Verlobte unterdessen einen anderen, einen Eisenbahnbesitzer aus Ohio, geheiratet hatte.

Nach nur drei Monaten waren bereits 150 Männer gestorben - teils von feindseligen Stämmen ermordet, teils durch Krankheiten, teils von Stanley in den Tod getrieben worden. Stanley, der selbst die Fronten gewechselt hatte und desertiert war, kannte keine Gnade gegenüber Deserteuren. Sie erwartete die Nilpferdpeitsche, oder sie wurden in die Sümpfe getrieben.

Seine Expedition dauerte fast 1000 Tage. Er legte etwa 11.000 Kilometer zurück. Von seinen weißen Gefährten überlebte wieder keiner. Bei seiner Ankunft in Boma an der Kongomündung war Stanley 36 Jahre alt, doch durch die Strapazen ausgemergelt und früh weißhaarig. Er schrieb erste Artikel, nach seiner Rückkehr nach England hielt er Vorträge und schrieb Bücher.

Er war bestrebt Zentralafrika und den Kongo dem britischen Kolonialreich einzugliedern, doch im Vereinigten Königreich ging niemand auf seine Ideen ein.

Leopold II. 1878–1890: Kongo

Leopold II. von Belgien jedoch las seine Berichte ebenfalls. Der junge Monarch war hungrig nach Kolonien. Mehrere Versuche, solche zu erlangen, waren bereits fehlgeschlagen. Leopold hatte zunächst eine philanthropische Gesellschaft zur Erforschung des Kongo gegründet. Im September 1876 veranstaltete er eine große geographische Konferenz in Brüssel, bei der es um die Erforschung des Kongos ging.

Am. 10. Juni 1878 traf er Stanley und die beiden gingen einen Handel ein. Stanley sollte den Kongo für Leopold erwerben, Leopold würde dafür sorgen, dass formal alles in Ordnung kam. Sie schlossen einen Fünfjahresvertrag ab. Stanley erhielt Geld von Leopold, musste jedoch zusätzliche Mittel zur Finanzierung seiner Expeditionen einwerben. Er ging auf Vortragsreise und konnte sogar Missionsgesellschaften dazu bringen, Geld zu spenden.

Stanley sammelte unterdessen Kaufverträge für das Land rund um den Fluss. Die Stammesfürsten und Häuptlinge, die die Papiere in der ihnen unbekannten Sprache unterschrieben, wussten wohl nicht, was sie taten. Ähnliches hatten zuvor schon die Eroberer Mexikos getan. Eine Klausel der Verträge besagte, dass nicht nur der Boden, sondern auch die Arbeitskraft der Bewohner in den Besitz von Leopold übergehen.

Fünf Jahre lang war Stanley offiziell Leopolds Mann im Kongo und begann mit dem Bau einer Piste von der Mündung des Kongo entlang der Kongofälle, 200 km lang, bis Stanley Pool (heute Pool Malebo) von wo aus der Kongo schiffbar war. Bei diesem Projekt kamen viele der zwangsweise rekrutierten Einheimischen um. Stanleys teilweise rücksichtsloses Vorgehen wurde in England stark kritisiert und brachte ihm den afrikanischen Spitznamen Bula Matari ("der die Steine bricht") ein.

Kleine Dampfschiffe wurden stückweise zum Stanley Pool geschafft und zusammengebaut. Stanley gründete eine Stadt, die er nach seinem Gönner Leopoldville nannte (heute Kinshasa). An 1500 Kilometern Flusslauf entlang wurden weitere Stationen geplant und gebaut. All dies, so wurde es nach außen dargestellt, im Dienste der Wissenschaft und im Kampf gegen die Sklaverei.

Trotz all dieser Aktivitäten konnten Stanley und Leopold zunächst ihren guten Ruf erhalten. 1884 nahm Stanley an der internationalen Kongokonferenz teil, die Otto von Bismarck in Berlin veranstaltete. Der Kongo wurde Leopold als persönlicher Besitz zugesprochen, damit er ihn entwickle.

Offiziell trennten sich die Wege von Leopold und Stanley nach fünf Jahren, doch heimlich stand Stanley weiter auf der Gehaltsliste des Königs.

1889 fand in Brüssel eine große Konferenz gegen die Sklaverei statt. Sklavenhändler waren traditionell arabische Kaufleute, die Konferenz stellte also für die europäischen Teilnehmer kein Problem dar. Leopold ließ Stanley auf dieser Konferenz auftreten, um seine Position auf der Konferenz zu festigen und gleichzeitig dem belgischen Parlament einen Kredit von 25 Millionen Franken zu entlocken.

Exkurs – Die Ausbeutung des Kongos

Stanleys Wirken hatte es ermöglicht, dass eine Privatperson - Leopold II. - der Besitzer von 2,5 Millionen Quadratkilometern Land sowie der Arbeitskraft der Einwohner war. Dies wollte ausgenutzt werden. Zunächst wurde nur Elfenbein nach Europa verschifft. Doch es gab - außer den später entdeckten Bodenschätzen - noch etwas im Kongo: Kautschuk. 1844 hatte der amerikanische Chemiker Charles Goodyear die Vulkanisierung des Kautschuks patentieren lassen. 1888 erfand John Boyd Dunlop den Gummireifen. Er war ein riesiger Erfolg. Wenn man sich die gepflasterten Straßen der Zeit und die Schlaglöcher auf den Landstraßen vorstellt, kann man ermessen, warum. Diese Erfindungen führten zu einer riesigen Nachfrage nach Gummi. Um den Gummirohstoff zu erhalten, gingen die Truppen des belgischen Königs mit Härte vor. Dörfer wurden überfallen und die Bewohner erhielten den Auftrag, eine bestimmte Menge Naturkautschuk zu gewinnen, sonst wurde das ganze Dorf niedergebrannt. Wer zu fliehen versuchte, wurde erschossen. Als Beweis für den Verbrauch von Gewehrkugeln mussten die Truppen für jede verbrauchte Kugel die Hand des Opfers vorlegen. Die Hände wurden deshalb auch Lebenden abgehackt, irgendwie musste man ja verbrauchte Kugeln erklären.

Emin Pascha, 1886

Unterdessen nahm Stanley aber auch andere Aufträge an. Im Sudan, der ab 1821 unter die Herrschaft der osmanischen Vizekönige von Ägypten gekommen war, brach 1881 der Mahdiaufstand aus. Nachdem die britische Expedition zur Rettung des Gouverneurs Gordon Pascha unter General Wolseley ihr Ziel nicht erreicht hatte und Gordon umgebracht worden war, zogen die anglo-ägyptischen Truppen aus dem Sudan ab. Nur Sawakin, am Roten Meer, und Wadi Halfa, in der Nähe der ägyptischen Grenze, blieben besetzt. Der deutsche Forscher Emin Pascha behauptete sich als Gouverneur der südlichsten Provinz des Sudan Äquatoria. Emin Pascha, eigentlich Eduard Schnitzer, ein Deutscher aus Oppeln (Schlesien), musste erfahren, dass die Briten keine Anstalten machten, den Sudan zurückzuerobern. Er schrieb deshalb einen Brief an die Times, in dem er um Hilfe bat. Gleichzeitig forderte der Anführer der Mahdisten Abdallahi ibn Muhammad, dass Königin Victoria in den Sudan kommen und zum Islam konvertieren solle. Die daraus resultierende Empörung in der britischen Bevölkerung führte dazu, dass rasch die finanziellen Mittel für eine Expedition zur Befreiung Emin Paschas aufgebracht wurden. Stanley wurde beauftragt, die Expedition zu leiten. Er musste Leopold bitten, ihn von seinen Verpflichtungen zu entbinden. Das tat dieser unter der Bedingung, dass Stanley nicht den kürzesten Weg nehme, sondern durch einen noch unbekannten Teil des Kongo reisen müsse. Außerdem sollte er Emin Pascha überreden, als Gouverneur zu bleiben, sich aber dem Kongo zu unterstellen. Die Expedition, die bereits nach Sansibar aufgebrochen war, wurde deshalb zur Mündung des Kongo umgeleitet.

Stanley bereitete die Reise gut vor, einige Aspekte muten geradezu skurril an. Die mitreisenden Offiziere mussten sich verpflichten, keine Bücher über die Expedition zu veröffentlichen. Das Dampfschiff, das die Gruppe auf dem Unterlauf des Kongo transportierte, hatte die Fahne des Yachtklubs von New York gehisst, auf Wunsch des Verlegers James Gordon Bennett Jr. Die Truppe von 389 Mann war stark dezimiert, als sie Emin Pascha schließlich gegenüber stand. Dieser trug, wie Stanley selbst notierte, eine blütenweiße frisch gebügelte Uniform und man fragt sich, wer da wen gerettet hat, zumal die Vorräte der "Befreier" erschöpft waren.

Stanley konnte Emin Pascha mit knapper Not überreden, mit ihm zu kommen, aber diesmal auf der kürzeren Route, Richtung Osten. Zu Stanleys Unglück konnte er ihn nicht überreden, in die Dienste Leopolds zu treten, er entschloss sich, für die Deutschen zu arbeiten.

Obwohl die Expedition alles andere als ein Erfolg war, wurde Stanley bei seiner Rückkehr nach Europa ein triumphaler Empfang bereitet. Er wurde mit Ehrungen überhäuft, erhielt Medaillen mehrerer europäischer wissenschaftlicher Gesellschaften und Ehrendoktorwürden der Universitäten Oxford, Cambridge, Durham und Edinburgh. Zu einem Empfang, den die Royal Geographical Society ihm in der Royal Albert Hall gab, kamen 10.000 Gäste, darunter auch der Prince of Wales.

Heirat und Rückzug 1890–1904

Am 12. Juli 1890 heiratete Stanley die Gesellschaftsmalerin Dorothy Tennant. Sie hatte ihn einige Jahre zuvor verschmäht, doch nach der Rettung Emin Paschas begonnen, ihm Briefe zu schreiben. Mehrere Biographien Stanleys, darunter Frank McLynn, gehen davon aus, dass die Ehe nie vollzogen wurde, aber die Stanleys adoptierten 1896 einen Sohn, Denzil Stanley. Es gefiel Stanley, nicht mehr allein zu sein. Er reiste nur noch in "zivilisierte Gegenden", wo er Vorträge hielt und seine Bücher vorstellte. Von einer Vortragsreise nach Australien zurückgekehrt, ließ er sich 1892 in England re-naturalisieren und gehörte von 1895 bis 1901 dem Unterhaus an, wo er sich der Unionistischen Partei anschloss. Im Oktober 1897 reiste er einer Einladung zur Eröffnung der Bulawayo Railway folgend, durch Südafrika, besuchte Transvaal, den Oranje-Freistaat und Natal und traf in Pretoria Paul Kruger. 1899 wurde er zum Ritter des Order of the Bath (KCB) geschlagen.

Die Nachrichten von den Gräueltaten im Kongo erreichten jedoch unterdessen England. Edmund Dene Morel, ein junger Mann, der im Transportgewerbe arbeitete, hatte in den neunziger Jahren festgestellt, dass Schiffe aus dem Kongo eine Menge Waren brachten, vor allem Elfenbein und Gummi, aber dass auf dem Rückweg nur Munition transportiert wurde. Er startete die wohl erste Menschenrechtskampagne der Geschichte, gab einen regelmäßigen Rundbrief heraus und korrespondierte mit Missionaren und Kongoreisenden, unter anderem dem Schriftsteller Joseph Conrad, die ihn mit Informationen versorgten.

Als Stanley am 10. Mai 1904 in London starb, war die Stimmung umgeschlagen. Der Dekan der Westminster Abbey, J. Armitage Robinson, verweigerte ihm seinen Wunsch, ein Begräbnis in der Westminsterabtei an der Seite Livingstons. Er wurde stattdessen in seinem letzten Wohnort, Pirbright in Surrey, beigesetzt. Seine Frau ließ ihm einen Grabstein mit der Inschrift „Henry Morton Stanley, Bula Matari, 1841–1904, Africa“ errichten.

Werke

postum veröffentlicht

In deutscher Sprache

Angegeben ist jeweils die Erstausgabe.

Siehe auch

Literatur

 

 

 

Wikipedia

http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Henry_Morton_Stanley&action=history

http://www.gnu.org/copyleft/fdl.html