Stierkampf (spanisch toreo, corrida
de Toros oder tauromaquia; portugiesisch tourada, corrida
de Touros oder tauromaquia) ist ein Ritual, dessen Thema der Kampf
eines Menschen gegen einen Stier ist. Die bekanntesten Stierkämpfe finden in
Spanien statt, aber auch in Portugal, Südfrankreich sowie in ehemaligen
spanischen Kolonien und spanisch beeinflussten Regionen in Lateinamerika. Je
nach Region wird nach leicht unterschiedlichen Regeln gekämpft.
Las Ventas, die Stierkampfarena von Madrid
Stier in der
Arena von Málaga
Im spanischen Stierkampf, der Corrida
(span.: „Rennen“), wird der Stierkämpfer Torero (von Toro,
„Stier“) genannt. Der Stierkampf findet in einer Stierkampfarena (Plaza de
Toros) statt, die meist ausschließlich diesem Zweck dient. Das wesentliche
Element des Stierkampfes ist die Form der Durchführung, das Ritual, das mit ihm
einhergeht. Meist treten bei einer Corrida drei Matadores und sechs Stiere auf.
Ein Kampf dauert etwa 20 Minuten. Pro Jahr finden in Spanien rund 2.000
Stierkampfveranstaltungen statt.
Stierkampf gibt es seit dem
frühen 18. Jahrhundert, die erste Stierkampfarena wurde 1749 gebaut. Unter
König Philipp V. war der Stierkampf verboten, sein Nachfolger Ferdinand VI. erlaubte
ihn jedoch wieder. 1830 wurde in Sevilla die erste Stierkampfschule durch Pedro
Romero gegründet.
Torero ist ein Oberbegriff für alle Teilnehmer
einer Corrida, also Matador/Novillero, Banderilleros sowie Picadores.
Hauptfigur des Stierkampfes ist
der Matador de Toros (span.: „Stiertöter“). Ein Matador beginnt
als Novillero (span.: Neuling, Novize), in dieser Zeit kämpft er mit
Jungstieren (spanisch Novillos). Erreicht er ein gewisses Niveau und hat
er genügend Corridas als Novillero bestritten, so wird er in einer besonderen Zeremonie,
(Alternativa, span.: „Wechsel“) in den Rang eines Matador de Toros
erhoben - fortan darf er gegen ausgewachsene Kampfstiere kämpfen.
Zu Beginn der Veranstaltung
ziehen die Beteiligten in die Arena ein und präsentieren sich dem Publikum. Es
sind dies: der Matador („Stiertöter“), die Picadores
(„Lanzenreiter“; wörtlich „Hauer, Stecher“) und die Banderilleros
(von „banderilla“ = geschmückte Stechlanze). Diese erste Phase nennt man den Paseillo.
Zwei Reiter, die Alguacilillos,
erbitten symbolisch den Schlüssel zur Puerta de los Toriles, dem Tor der
Kampfstiere, vom Präsidium. Dieses Präsidium, dessen Präsident die Autorität
erhalten hat, Stierkämpfe durchführen zu lassen, wacht über den Kampf. Gemäß
den Reglements sollte der Präsident der Bürgermeister oder der Polizeichef der
Stadt sein, jedoch ist diese Position unbeliebt, so dass häufig ein anderer Beamter
das Amt übernimmt. Der Präsident stellt die höchste Autorität in der Arena dar
und entscheidet über Ablauf, Wertung und evtl. Strafen.
Der eigentliche Kampf besteht aus
drei Teilen, den Tercios („Dritteln“), die durch Hornsignale voneinander
getrennt werden.
Matador
Im Tercio de Varas
verwendet der Matador die Capote, ein großes, meist purpurrotes und
gelbes Tuch, um den Stier zu reizen und zu ermüden. Dabei ist es seine
Hauptaufgabe, den Stier zu „lesen“, also die individuelle Verhaltensweise des
Stieres in Bezug auf Angriffs- und Bewegungsablauf zu studieren und
entsprechend sein eigenes Vorgehen für den dritten Teil des Kampfes festzulegen.
Bereits in diesem frühen Stadium offenbaren sich die Fähigkeiten (capacidades)
des Stieres und die Möglichkeiten (posibilidades) des eigentlichen
Kampfes zwischen Stier und Matador im letzten Drittel der Begegnung.
Aus Goyas Tauromaquia
(1815-16)
Neben dem Matador sind auch zwei
Lanzenreiter, die Picadores, in der Arena, die den Stier mit ihren
Lanzen im Nackenbereich verwunden. Seit 1928 sind die Pferde durch eine Peto
genannte Polsterung geschützt. Je nach Stierkampf kann auch nur ein Picador
eingesetzt werden. Die verwundete Nacken- und Schultermuskulatur zwingt den
Stier zum Absenken des Kopfes, was die spätere Tötung durch den Matador mit dem
Degen erst ermöglicht. Das Publikum begleitet die Arbeit der Picadores häufig
mit Pfiffen und Buh-Rufen, wenn einem als wenig oder mittelmäßig befähigt
beurteiltem Stier allzu sehr zugesetzt wird. Während der Verwundung des Nackens
dürfen die Picadores die kreisförmige Markierung in der Mitte der Arena
nicht überschreiten, sonst droht eine Strafe durch den Präsidenten.
Im zweiten Teil treten die so
genannten Banderilleros auf, deren Aufgabe es ist, dem Stier drei Paare
langer, mit bunten Bändern versehene Spieße (Banderillas) so in den
Rücken zu stechen, dass sie hängen bleiben. Entscheidend für den Erfolg oder
Misserfolg der Banderilleros ist die Colocación (etwa: „Einpassung,
Anbringung“) der Spieße. Ziel ist es, den Muskelstrang zwischen den
Schulterblättern des Stieres zu treffen, zu schwächen und zu markieren, ohne
jedoch den Zugang für den finalen tödlichen Stoß des Matadors zu versperren. Hierbei
ziehen die Banderilleros die Aufmerksamkeit des Stieres durch Zurufe auf sich. Dies
ist die einzige Situation, in der der Stier in seinem Angriffsverhalten auf das
Erscheinungsbild eines Menschen geprägt wird (bei der Aufzucht des Stieres wird
darauf geachtet, dass eine solche Situation in keinem Fall eintritt).
Der Angriff des Stieres wird
pariert, indem der Banderillero im richtigen Moment seinen nach hinten
gespannten Körper vorschnellen lässt und die in den erhobenen Händen gehaltenen
Banderillas in den Nacken des Stieres stößt. Dann zieht er sich aus der
Angriffsrichtung des Stieres, die er zuvor durch das „Lesen“ des Stieres erahnt
hat, zurück und verbirgt sich hinter der hölzernen Barriere der Arena, um eine
erneute Attacke des Stieres zu verhindern. Dies wiederholt sich dreimal. Sehr
selten und nur in bestimmten Plazas werden, wenn der Stier den Kampf
verweigert, die Banderillas negras oder Banderillas de castigo
(schwarze Banderillas oder Straf-Banderillas) eingesetzt. Diese Banderillas
haben, mit acht Zentimeter, längere Widerhaken und diese spürt der Stier.
Besonders gelungene Figuren der
Akteure, der Banderilleros, des Matadors und auch des Stieres, werden vom
Publikum mit lauten Olé-Rufen begleitet. Umgekehrt werden schlechte
Akteure vom Publikum ausgepfiffen. Insgesamt sind sechs Verhaltensweisen des
Publikums von Bedeutung: am deutlichsten wird Missfallen mit Pfiffen
ausgedrückt, gefolgt von Murren und Stille (Silencio). Zustimmung wird
mit leichtem Klatschen (Palmas), Ovationen (Ovaciones) und
schließlich stehenden Ovationen (Ovaciones de pie) zum Ausdruck
gebracht. Dies gilt nur in der Phase der Faena. Es kann durchaus
geschehen, dass ein Matador während dieses Abschnitts gefeiert wird, aber durch
einen unwürdigen Tötungsakt die Gunst des Publikums verspielt und die Arena
nicht durch die große Tür verlassen kann (Salir por la puerta grande;
„Abgang durch das große Tor“).
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