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Stierkampf

 

Dritter Teil (Faena)

Im dritten und wichtigsten Teil des Stierkampfes, der Faena (etwa: „Arbeit“), sind nur noch der Matador, ausgerüstet mit einem kleineren dunkelroten Tuch, der Muleta, und einem Degen, und der Stier in der Arena. Sie dauert etwa acht Minuten. Sollte sich diese Phase zu lange hinziehen, ertönen Signale (Avisos). Ziel des Matadors ist es, den Stier und seine individuellen Eigenschaften zu nutzen, um seinen Mut, Respekt, aber auch seine Überlegenheit unter Beweis zu stellen.

Er versucht, die Angriffe des Stieres zu parieren, seine Bewegungen vorauszuahnen und die eigenen Bewegungen mit jenen des Stieres abzugleichen, um so tradierte Figuren und Bewegungsabläufe auszuführen. Von Anhängern des Stierkampfes wird dieser Teil des Kampfes mit einem Tanz verglichen, wozu auch die in dieser Phase gespielte Musik, der Paso Doble, beiträgt. Die Bewegungsabläufe und Figuren sind in der Tradition des Stierkampfes festgelegt, und das erforderliche langjährige Training wird in der Fachliteratur etwa den Anforderungen an einen Stabhochspringer gleichgesetzt.

Zuletzt sticht der Matador dem Stier mit seinem Degen (Estoque) tief in den Nacken, in den Spalt zwischen den Schulterblättern. Hierbei versucht er den Stierkopf in eine tiefe Position und die Vorderhufe in parallele Stellung in etwa 25 cm Abstand zu bringen. Erst in dieser Position kann der Matador mit seinem Degen von oben herab, zwischen die Schulterblätter hindurch, das Herz des Stieres erreichen. Der Degen wird nach erfolgtem Stoß, möglichst bis zum Heft, steckengelassen.

Stierkampf (Édouard Manet, ca. 1865-66)

Stierkampf (Édouard Manet, ca. 1865-66)

Da dieser Stich den Stier nicht sofort tötet, wird er von den anderen helfenden Stierkämpfern zu einigen Hin- und Her-Bewegungen des Kopfes und kurzem Lauf gereizt, bis er vollkommen erschöpft niedersinkt. Dann wird er durch einen Helfer (Puntillero) gezielt, mittels eines Dolchstoßes ins Genick, getötet. Sollte er dies nicht zuwege bringen, wird dies als Schande betrachtet, da der Stier seiner Würde beraubt wird. Sehr selten werden außergewöhnlich mutige und starke Stiere begnadigt. Dies war beispielsweise im legendären Stierkampf vom 5. Oktober 1879 in der Arena von Córdoba der Fall, als der Stier mit dem Namen Murciélago (spanisch „Fledermaus“) aus der Zucht von Joaquín del Val de Navarra einen derart blutigen Kampf gegen den Torero Rafael Molino führte, dass das Publikum nach 24 Schwertstößen dessen Begnadigung verlangte. Nach dem Kampf wurde Murciélago an den Züchter Antonio Miura verschenkt, der mit diesem Stier eine neue Zuchtlinie begründete, deren Nachkommen noch heute in spanischen Kampfarenen anzutreffen sind. Andersherum kann es auch vorkommen, dass sich ein Stier als ungeeignet für den Kampf erweist, z.B. aufgrund einer Verletzung. Der Präsident der Arena kann dann entscheiden den Stier wieder aus der Arena treiben und gegen den Sobrero, den Ersatzstier auszutauschen.

Nach dem Tod des Stieres wird der Matador vom Publikum bejubelt, das durch geschwenkte Taschentücher darüber Auskunft gibt, ob es dem Torero als Zeichen der Ehre zugesteht, eine Ehrenrunde durchzuführen. Als besondere Trophäe kann der Matador ein Ohr, beide Ohren oder beide Ohren und den Schwanz des Stieres als Trophäe erhalten. Die Entscheidung über die Belohnung des Matadors fällt der Präsident der Stierkampfarena, der in einer geschmückten Loge im Oberrang der Arena sitzt. Eine schlechte Vorstellung des Matadors wird vom Publikum mit gellenden Pfiffen und unter anderem (verbotenerweise) mit dem Wurf der (gemieteten) Sitzkissen in die Arena quittiert. Als besondere Wertschätzung für den Matador werden mitunter Zigarren in die Arena geworfen.

Wenn der Stier besonders angriffslustig oder außergewöhnlich ausdauernd war, wird er mit Pferden oder Maultieren in einem großen Bogen durch den Ring geschleift, was als Ehrenbezeugung angesehen wird.

Früher wurde das Fleisch des toten Tieres verkauft. Den Erlös erhielten karitative Einrichtungen. Heutzutage kann diese Praxis nicht mehr fortgeführt werden, da das Töten des Stieres in der Arena und durch Dolchstöße nicht den EU-Standards für Schlachtungen entspricht (EU-Richtlinie 418/2000). Die Umgebung entspricht nicht den Hygienestandards und durch die Dolchstöße kann möglicherweise BSE-verseuchtes Gewebe das Fleisch verunreinigen, wodurch es nicht mehr zum Verzehr geeignet ist.

Musik (Paso Doble)

Die bekannte Stierkampfmusik, der Paso Doble, ertönt bei folgenden Gelegenheiten:

Stierkampf in Frankreich (Courses de taureaux)

 

Die Razeteurs bringen den Stier in Position.

Die Razeteurs bringen den Stier in Position.

In Südfrankreich gibt es ebenfalls Stierkämpfe nach spanischen Regeln. In über 60 südfranzösischen Städten finden Stierkämpfe statt, bei denen die Stiere getötet werden. Stierkämpfe spanischer Art sind in Frankreich sehr umstritten und werden von der Bevölkerung mehrheitlich als Tierquälerei abgelehnt. Das französische Tierschutzgesetz verbietet zwar die Quälerei von Tieren, lässt aber die courses de taureaux als Ausnahme zu. In der französischen Nationalversammlung wird mit dem Ziel, die Tierquälerei in den Arenen zu verbieten, zur Zeit eine Änderung des widersprüchlichen Gesetzes vorbereitet.

Außerdem werden in Südfrankreich Stierrennen veranstaltet, bei denen der Stier oder die Kuh nicht getötet und bei denen es völlig unblutig zu geht. In der Provence und im Languedoc sind die "Courses Camarguaises" (Synonyme: Course à la Cocarde, Course libre) und in der Gegend um Bordeaux (Landes) die "Course Landaise" sehr beliebt.

Der Razeteur versucht dem Stier die Corcade zu entreißen.

Der Razeteur versucht dem Stier die Corcade zu entreißen.

Hochburg der provenzalischen und camarguischen Stierrennen sind Nîmes, Béziers oder Céret, wo ein- bis zweimal im Jahr eine Woche lang Stierfeste stattfinden, zum Beispiel zur Weinlese. Die Courses à la Cocarde, sind ein traditionsreiche Schauspiel, das strengen Regeln unterworfen ist, bei den der Begriff "Stierkampf" sogar etwas irreführend wäre - es ist eher ein "Messen" mit dem Stier, ein Überlisten, Austricksen bei dem viel Geschick und Einfühlungsvermögen nötig ist um zum Erfolg, der an den Hörnern befestigten Trophäen zu kommen, eine Kokarde oder Quaste (Cocarde), die zuvor mit Fäden oder Schnüren zwischen den Hörnern befestigt wurden. Die weißgekleideten Razeteurs versuchen dem Stier die Kokarde mit einem stumpfen Haken, dem so genannten Razet, zu entreißen.

Ein Stierrennen dauert insgesamt etwa zwei Stunden. Je Stier haben die "Raseteurs" 15 Minuten Zeit die Kokarden und Quasten zu entreißen, die zuvor mit Fäden oder Schnüren an die Hörner gebunden wurden. Während des Kampfs befinden sich in der Arena ein Stier, fünf bis elf "Raseteurs" und die "Tourneurs", deren Aufgabe es ist, den Stier für die "Raseteurs" in die beste Position zu bringen. Für jede Kokarde und jede Quaste, die der "Raseteur" dem Stier abjagen kann, erhält er einen Geldpreis, der im Verlauf des Kampfes von einigen Hundert auf Tausend Euro erhöht werden kann. Die kampfeslustigen Stiere verfolgen die "Raseteurs" oft bis an den Rand der Arena, wo sich die jungen Männer nur noch mit einem Sprung über die Bretterwand retten können. Gefürchtet sind Stiere, die kurzerhand hinterher springen. Gelingt es dem Stier, seine Trophäen zu verteidigen, verlässt er nach 15 Minuten als Sieger die Arena und der nächste Stier ist an der Reihe. Hat sich der Stier wacker geschlagen, wird er wie ein Held gefeiert und für den nächsten Einsatz hoch gehandelt, denn die Stiere werden pro Kampfeinsatz bezahlt und je berühmter der Stier, desto höher sein Preis. Manche der Stiere haben in ihrem Leben bis zu hundert Auftritte und je länger der Stier "dabei" ist, um so schwieriger wird es, gegen ihn anzutreten. Er lernt mit jedem Mal dazu und wird für die Raseteurs ein immer schwierigerer Gegner.

Da kaum ein Kampfstier freiwillig die Arena verlässt, werden spezielle abgerichtete Stiere (Simbeu), manchmal auch einfach Kühe eingesetzt, die den hartnäckigen Kämpfer zum Ausgang bewegen, denn auch beim wildesten Stier setzt sich der Herdentrieb durch und er läuft einfach hinter den Artgenossen her. Nach dem Ende des Spiels folgt La Bandido - die Stiere werden wieder auf ihre Weiden zurückgebracht. Die Stiere der Camargue-Rasse werden für diese Rennen gezüchteten, sie sind schwarz, roh, widerstandsfähig, genügsam und kräftig. Durchschnittlich groß aber sehr beeindruckend leicht, wendig und flink in ihren Bewegungen auf ihren dünnen Beinen und die Hörner sind häufig sichelförmig.

Wesentlich athletischer sind die Course Landaise.

Muleta - das rote Tuch

Die Stiere reagieren, entgegen einem populären Irrtum, nicht aggressiv auf die Farbe rot, sondern auf die schnellen Bewegungen, die mit dem Tuch vollführt werden. Die Augen der Stiere, wie die aller Rinder, haben keine Zapfen für rotes Licht und sind dementsprechend "rot-farbenblind".

Ursprünglich war das muleta genannte Tuch weiß. Da das Blut des Stieres die muleta während der faena, dem letzten Drittel der corrida, verfärbte, wurde ihre Farbe der des Blutes angepasst.

Kritik am Stierkampf

Für viele Menschen stellt der Stierkampf eine unnötige, grausame und archaische Tierquälerei dar. Diese beginne bereits vor der Corrida, wenn Stieren die Hörner abgeschliffen werden (Afeitado) und sie durch Schläge mit Sandsäcken in die Nieren geschwächt werden. Kritisiert wird ebenfalls, dass sich Tausende von Menschen in den Arenen und am Fernseher an der Qual der Tiere ergötzen. Während in Spanien Kindern der Besuch der Arenen teilweise untersagt ist, dürfen in Frankreich Kinder beim Stierkampf zusehen. Bei Kindern bestehe die Gefahr, dass sie entweder von den Szenen psychisch traumatisiert würden oder dass bei ihnen die Schwelle zur Gewaltbereitschaft herabgesetzt würde, was zu Aggressionen und Tierquälerei in ihrem Umfeld führen könne. Kritisiert wird auch das Leiden der eingesetzten Pferde, denen oft Augen und Ohren verbunden werden, um ihren natürlichen Fluchtinstinkt zu verhindern. Trotz Schutzpolsterung kommt es bei ihnen häufig zu schweren Verletzungen, darunter tiefe Fleischwunden und Rippenbrüche.

Stierkampfbefürworter entgegnen dem Vorwurf der Tierquälerei, dass Kampfstiere nur eine kurze Zeit in der Arena leiden würden, wogegen sie ihr ganzes Leben artgerecht im Freiland verbrächten, was für die meisten Zuchttiere (seien es Kühe, Schweine oder Hühner) nicht zutrifft. Zudem wird der Kampf nicht als Tierquälerei, sondern als eine in sich geschlossene Kunstform dargelegt. Dabei würden die (meist kundigen) Zuschauer sich nicht an Quälerei ergötzen, sondern im Gegenteil die Akteure mit Pfiffen bestrafen, wenn das Tier aus ihrer Sicht unnötig verletzt und nicht im entsprechenden Moment schnell getötet wird.

Kampfstiere sind eine eigenständige Rasse innerhalb der Rinderfamilie, die ohne den Stierkampf ausgestorben wäre. Stierfleisch ist jedoch in iberischen und französischen Metzgereien sehr gefragt, so dass diese Gefahr nicht gegeben ist.

Ein weiteres Argument für die Beibehaltung der Corrida de toros ist ihr Anteil an der kulturellen Identität Spaniens. Die Mehrheit der Spanier ist nämlich nicht bereit, auf diese Tradition zu verzichten. Aber auch in Spanien gibt es Stierkampfgegner. Nach einer Umfrage aus dem Jahr 2002 interessieren sich 31 % der Befragten für den Stierkampf. Das Interesse ist seit Jahren tendenziell rückläufig, insbesondere in den jüngeren Altersgruppen [1]. Die französischen Stierkampfveranstalter berufen sich ebenfalls auf eine bodenständige „kulturelle Tradition“, deren Insignien jedoch rein spanischen Ursprungs sind.

Im April 2004 hat der Stadtrat von Barcelona eine Resolution verabschiedet, worin der Stierkampf als „grausame Praxis“ bezeichnet wird. Dies hat aber keine Auswirkung auf die Veranstaltung der Corridas, und nach wie vor finden Stierkämpfe statt. Die Regierung von Katalonien (zu dem Barcelona gehört) wurde aufgefordert, diese zu verbieten. Da die Durchführung von Stierkämpfen vom spanischen Innenministerium kontrolliert wird, kann Barcelona nur auf einer genauen Einhaltung der Gesetze bestehen.

Zudem merken Kritiker an, dass ihrer Ansicht nach Toreros weniger Kämpfer als vielmehr professionell ausgebildete Sport-Metzger seien. Jeder Stierkämpfer hat gelernt, dass der Stier nur instinktiv auf das Tuch reagiert und tendenziell nicht zum Kampf neigt, da das einzelne Rind als Herdentier in der Regel auch keinen Todfeind in der Natur fürchten muss. Der Einschluss in die Arena und die permanenten Reizungen der seitlich verschanzten Picadores blockieren jedoch den natürlichen Fluchttrieb des Tieres und zwingen es permanent, gegen den Torero zu kämpfen.

Berühmte Stierkämpfer

 

Der Torero Antonio Barrera, 2003

Der Torero Antonio Barrera, 2003

Geehrt mit dem Titel „Califa“ („Kalif“):

Andere:

Stierkampf in Literatur, Kunst und Film

Ernest Hemingway, der vom Stierkampf fasziniert war, verarbeitete das Thema in seinen Büchern Fiesta, Tod am Nachmittag und Gefährlicher Sommer.

Federico García Lorca setzte einem im Kampf getöteten Matador in seinem Gedicht Llanto por Ignacio Sanchez Mejías ein literarisches Denkmal.

Für Francisco de Goya und Pablo Picasso war der Stierkampf ein wichtiges Motiv.

Pedro Almodóvar verwendet in seinem Film Matador das Umfeld des Stierkampfes für eine Geschichte über Lust und Tod.

Quellen

  1. Telefonumfrage des Gallup-Institus unter 1.016 Personen über 15 Jahren, Juli 2002

Literatur

 

 

Wikipedia

http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Stierkampf&action=history

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