Die Säugetiere sind
wahrscheinlich, entgegen anders lautenden Theorien, die Mitte des 20.
Jahrhunderts verbreitet waren, eine monophyletische Gruppe, das heißt sie
stammen alle von einem gemeinsamen Vorfahren ab und umfassen auch alle
Nachkommen dieses Vorfahren. Die drei Untergruppen, Ursäuger, Beutelsäuger und
Höhere Säugetiere, sind ebenfalls jeweils monophyletische Taxa. Die meisten Systematiken
fassen die Beutel- und Höheren Säuger zum Taxon Theria zusammen und stellen
dieses den Ursäugern gegenüber. Einige Forscher vertreten aber die Ansicht, die
Ursäuger hätten sich aus den Beutelsäugern entwickelt.
Ungleich unübersichtlicher wird das
Bild, wenn fossile Taxa in den Stammbaum eingebunden werden. Neben den üblichen
Meinungsunterschieden der Wissenschaftler kommt hinzu, dass von zahlreichen
Gattungen lediglich Zähne und Kieferteile gefunden wurden. Die detaillierte
Untersuchung der Zähne ist daher eines der Schlüsselkriterien zur Bestimmung
der Evolution der Säugetiere.
Nachbildung von Edaphosaurus
cruciger, einem der bekanntesten Vertreter der Synapsiden
Unstrittig ist, dass sich die
Säugetiere aus den Synapsiden entwickelt haben, einer Reptiliengruppe, die
durch ein einzelnes Schädelfenster charakterisiert war und ihre Blütezeit im
Perm-Zeitalter hatte. Innerhalb der Synapsiden entwickelten sich die
Therapsiden, die sogenannten „Säugerähnlichen Reptilien“, die bereits einige
der Säugermerkmale wie ein differenziertes Gebiss und möglicherweise
Körperbehaarung aufwiesen. Eine Gruppe der Therapsiden waren die Cynodontia,
die unter anderem durch ein vergrößertes Gehirn und eine spezielle Kieferform
gekennzeichnet waren. Die Säugetiere und ihre näheren Verwandten werden im
Taxon der Eucynodontia zusammengefasst, deren bekanntester Vertreter Cynognathus
war. Als Schwestertaxon der Säuger gelten entweder die Tritheledontidae, eine
Gruppe sehr kleiner, fleischfressender Tiere oder die Tritylodontidae, eine
Gruppe bis zu 1 Meter langer Pflanzenfresser. Für jede der beiden Gruppen
sprechen gewisse anatomische Merkmale, die Mehrheit der Forscher gibt jedoch
den Tritheledontidae den Vorzug.
Die Nicht-Säugetiere innerhalb
der Therapsiden wurden nach und nach von den Dinosauriern verdrängt, die
letzten starben in der Unterkreide aus.
Die Frage nach dem ältesten
bekannten Säugetier lässt sich nicht leicht beantworten. Einige Tiere weisen im
Bau des Ohres, des Unterkiefers, des Kiefergelenkes und der Zähne einen
Übergangsstatus zwischen Reptilien und Säugern auf, manche Forscher bezeichnen
sie deshalb als Mammaliaformes, also „Säugerartige“ oder Proto-Mammalia und
ordnen sie noch nicht den Säugetieren im eigentlichen Sinn (sensu stricto)
zu, andere fassen die Säuger weiter (sensu lato) und rechnen diese
bereits dazu.
Ein mögliches, vereinfachtes
Kladogramm dieser Gruppe:
Mammaliaformes/Mammalia im weiteren Sinn (sensu lato)
├──Adelobasileus
└──N.N.
├──Sinoconodon
└──N.N.
├──Morganucodonta
└──N.N.
├──Docodonta
└──N.N.
├──Hadrocodium wui
└──Mammalia im eigentlichen Sinn (sensu stricto)
Bild:Ornithorhynchidae-00.jpg
Das Schnabeltier
zählt zu den eierlegenden Ursäugern
Die Säugetiere im engeren Sinn
(Mammalia sensu stricto), in Abgrenzung zu den Säugetieren im weiteren Sinn
beziehungsweise Mammaliaformes (siehe oben), werden definiert als die Gruppe,
die den letzten gemeinsamen Vorfahren aller heutigen Säugetiere sowie dessen
Nachkommen umfasst. Dieses Taxon ist zumindest seit dem mittleren Jura belegt,
die Entwicklungsgeschichte innerhalb dieser Gruppe ist jedoch in einem hohen
Ausmaß umstritten.
Generell waren die Säugetiere des
Mesozoikums klein, die meisten erreichten nur die Größe von Mäusen oder Ratten.
Aus den Zähnen schließt man bei den meisten Arten auf eine aus Insekten und
anderen Wirbellosen bestehende Nahrung, aus der Form des Gehirns und der
Sinnesorgane auf eine hauptsächlich nachtaktive Lebensweise. Es bleibt die
Frage, warum der Großteil der mesozoischen Säuger in Größe, Körperbau und
Lebensweise relativ einheitlich blieb, zumal es in einem
entwicklungsgeschichtlich sehr kurzen Zeitraum (rund 5 Millionen Jahre) nach
dem Beginn des Känozoikums zu einer enormen Radiation hinsichtlich der Größe
und Ernährungsweise kam. Generell wird diese Frage mit der Konkurrenz durch die
Dinosaurier beantwortet, die solange sie existierten, durch den ausgeübten
Selektionsdruck größere Säuger verhinderten. Diese Sichtweise wird manchmal in
Frage gestellt: Aufgrund des enormen Größenunterschiedes und der
unterschiedlichen Lebensweise mit den Dinosauriern, die vermutlich tagaktiv
waren, hätte es zumindest eine Reihe mittelgroßer Säuger geben können. Daher
wurden verschiedene physiologische Einschränkungen postuliert, zum Beispiel
eine mangelnde Fähigkeit zur Kühlung der Körpertemperatur oder die noch nicht
völlig ausgereiften Kau- und Verdauungsapparate.
Allerdings gibt es neue Funde,
die auf größere Arten hinweisen. Repenomamus robustus war ein ungefähr
katzengroßen Fleischfresser, der offensichtlich Jagd auf kleine Dinosaurier
machte. Noch größer ist eine im Jahr 2005 entdeckte Art: Repenomamus
giganticus, der in der Unterkreide in China lebte, erreichte eine Länge von
über 1 Meter und sein Gewicht wird auf 12 bis 14 Kilogramm geschätzt. Er ist
der bislang größte aus dem Mesozoikum bekannte Säuger und wird
entwicklungsgeschichtlich in die Gobiconodontidae (siehe oben) eingeordnet.
Nach jüngeren Erkenntnissen vor
allem durch Funde im nordostchinesischen Jiulongshan-Gebirge (Innere Mongolei,
Provinz Ningcheng, Daohugou) starben zum Beginn der Kreide bereits die ersten
vollentwickelten Säuger (im weiteren Sinne) von großer Vielfalt aus. Die
Säugetiere des Jura und der Kreide besetzten bereits die gleichen ökologischen
Nischen, die auch die heutigen Säuger ausfüllen und entwickelten sehr ähnliche
Anpassungsformen. Ein durch eine amerikanisch-chinesische Forschergruppe
kürzlich in Science (311.2006,1123-1127) vorgestelltes Exemplar von costorocauda
lutrasimilis (Docodonta), das vor 164 Mill. Jahren biberartige Formen
einschließlich Fellabdrücken aufweist, erregte diesbezüglich Aufsehen.
Die Vorfahren der
Beutelratten sind seit der Kreidezeit belegt
Die Beutelsäuger waren, abgesehen
von vereinzelten Funden in Ostasien, auf Nordamerika beschränkt. Zu den
ältesten heute noch bestehenden Gruppen gehören die Beutelratten, deren
Vorfahren schon aus dieser Zeit bekannt sind. Die Höheren Säugetiere spalteten
sich in die heute durch molekulargenetische Untersuchungen bestimmten
Überordnungen (Nebengelenktiere, Afrotheria, Laurasiatheria, Euarchontoglires)
auf, was durch tektonische Verschiebungen, unter anderem dem Auseinanderbrechen
Gondwanas gefördert wurde. Diese Aufspaltungen werden allerdings hauptsächlich
durch molekulargenetische Berechnungen belegt, Fossilienfunde von Höheren
Säugetieren aus der Oberkreide sind sehr selten und bislang nur aus Nordamerika
und Ostasien belegt. Zu den bekanntesten Gattungen dieser Epoche zählen Asioryctes,
die Leptictida, die möglicherweise Vorfahren der Insektenfresser sind, die
Zalambdalestidae (mögliche Vorfahren der Nagetiere), die Zhelestidae (mögliche
Vorfahren der „Huftiere“) und Cimolestes (eventuell ein Urahn der
Raubtiere). Generell ist aber die Zuordnung zu heutigen Taxa umstritten,
zweifelsfrei mit heutigen Arten verwandte Säugetiere traten erst im Paläozän
auf.
Mit Ausnahme der Multituberculata
dürften am Ende der Kreidezeit die meisten der oben beschriebenen Seitenlinien
der Säugetiere ausgestorben gewesen sein.
Paraceratherium war das größte bislang bekannte
Landsäugetier
Mit dem Aussterben der
Dinosaurier wurden viele ökologische Nischen frei, die von einer Vielzahl neu
entstehender Säugetiergruppen besetzt wurden. Im Verlauf des Känozoikums
entwickelten sich die Säugetiere zu der dominanten Wirbeltiergruppe auf dem
Land. Es bildeten sich die heutigen Ordnungen heraus, wobei die
Entwicklungsgeschichte keineswegs geradlinig verlief, sondern durch
evolutionäre Sackgassen, Verdrängungsprozesse und wieder gänzlich ausgestorbene
Säugetiergruppen geprägt war. Die Entwicklungslinien in manchen Gruppen (zum
Beispiel bei Pferden oder Rüsseltieren) sind dabei relativ gut durch
Fossilienfunde belegt und erforscht. Eine besondere Rolle nahm Südamerika ein,
das während der längsten Zeit des Känozoikums von anderen Kontinenten getrennt
war. Durch die Insellage drangen viele Arten in ökologische Nischen vor und es
entwickelte sich eine einzigartige Fauna, unter anderem mit Sparassodonta („Beutelhyänen“),
einer Gruppe fleischfressender Beuteltiere, mit den Paucituberculata, einer
formenreichen Beuteltiergruppe, die heute noch in den Mausopossums weiterlebt
und mit den Südamerikanischen Huftieren (Meridiungulata). Nach Entstehen der
mittelamerikanischen Landbrücke drangen Säuger aus dem Norden vor und
verdrängten die einheimischen Arten größtenteils.
Die meisten Säugetierordnungen
sind seit dem Eozän belegt, darunter auch die Vorfahren der wohl
spezialisiertesten Gruppen, der Fledertiere und Wale. Im gleichen Zeitabschnitt
bildeten sich die ersten riesenhaften Formen wie Uintatherium; diese
Entwicklung gipfelte in Paraceratherium (auch unter den Namen Baluchitherium
oder Indricotherium bekannt), dem mit 5,5 Metern Schulterhöhe und 10 bis
15 Tonnen Gewicht größten bekannten Landsäugetier.
Ihre größte Artenvielfalt
erreichten die Säuger im Miozän; seither verschlechterten sich die
Klimabedingungen kontinuierlich, bis hin zu den Eiszeiten des Pleistozän. Die
klimatischen Verschiebungen, verbunden mit den Einflüssen des Menschen, sorgen
seither für einen Rückgang der Artenvielfalt.
Skelett des
Riesenhirsches Megaloceros giganteus
Am Ende des Pleistozäns (vor
50.000 bis 10.000 Jahren) kam es weltweit zu einem Massenaussterben von großen
Säugetieren. Mit Ausnahme Afrikas und des südlichen Asiens starben alle Arten
mit über 1000 Kilogramm Gewicht und 80% aller Arten mit 100 bis 1000 Kilogramm
Gewicht aus. In Australien fand dieser Prozess vor rund 51.000 bis 38.000
Jahren statt, hier verschwanden unter anderem Diprotodons (nashorngroße
Beuteltiere), Beutellöwen (Thylacoleo carnifex), und bis zu 3 Meter hohe
Riesenkängurus (Gattung Procoptodon). In Eurasien erstreckte sich dieser
Vorgang über einen längeren Zeitraum, von vor 50.000 bis 10.000 Jahre, und
erreichte mit dem Ende der Würmeiszeit seinen Höhepunkt. Zu den in Europa um
10.000 vor Christus ausgestorbenen Tieren zählen unter anderem das
Wollhaarmammut (Mammuthus primigenius), das Wollnashorn (Coelodonta
antiquitatis), der Riesenhirsch (Megaloceros giganteus), das
Steppenwisent (Bison priscus), der Höhlenlöwe (Panthera spelaea)
und der Höhlenbär (Ursus spelaeus). In Amerika lag das Aussterben in
einem engen Zeitrahmen (vor rund 11.000 bis 8.000 Jahren), hier verschwanden
unter anderem Mammuts, Mastodonten und andere Rüsseltiere, Säbelzahnkatzen,
Riesenfaultiere und Riesengürteltiere (Glyptodontidae).
Inwieweit klimatische
Veränderungen oder die Bejagung durch den Menschen (Overkill-Hypothese) die Hauptschuld
dafür tragen, ist immer noch umstritten. Für die Bejagung sprechen die
Tatsachen, dass der Zeitpunkt des Aussterbens zumindest zum Teil mit der
weltweiten Ausbreitung des Menschen übereinstimmt und dass bei keiner der
früheren Aussterbephasen eine derartige Einschränkung hinsichtlich der Größe
beobachtet werden konnte. Auch müssten die klimatischen Vorgänge am Ende der
Würmeiszeit eher zu einer Erhöhung der Artenanzahl beigetragen haben, wie sie
meist in wärmeren Perioden beobachtet werden kann. Vertreter der
Bejagungshypothese führen auch einen analogen Vorgang auf Inseln, die erst
später besiedelt wurden, an. So sind auf Madagaskar, wo erst seit rund 1500
Jahren Menschen leben, in den darauf folgenden Jahrhunderten unter anderem die
dortigen Flusspferde und zahlreiche große Primatenarten, darunter die
Riesenlemuren Megaladapis verschwunden. Gegner der Bejagungshypothese
behaupten, die primitiven Jagdmethoden der frühen Menschen hätten keinen so
großen Einfluss auf die Populationsgröße haben können und verweisen auf Afrika,
wo es schon viel länger Menschen gegeben hat und wo es zu keinem nennenswerten
Massenaussterben gekommen ist. Auch seien die klimatischen Veränderungen
dermaßen komplex gewesen, dass eine Vielzahl von Faktoren berücksichtigt werden
müsste.
In jüngerer Zeit mehren sich die
Thesen, dass eine Vermischung beider Faktoren die Schuld am Massenaussterben
trägt. So sei für die durch klimatische Veränderungen bereits in
Mitleidenschaft gezogenen Populationen die Jagd der ausschlaggebende Punkt für
die Ausrottung gewesen. Auch ökologische Faktoren können eine Rolle gespielt
haben: so führte die Dezimierung großer Grasfresser zur Ausbreitung von
Wäldern, was sich fatal auf die noch vorhandenen Populationen auswirkte. Andere
Forscher geben auch den ausgedehnten Brandrodungen eine Teilschuld.
In dieser Diskussion spielt aber
nicht nur der rein wissenschaftliche Aspekt eine Rolle, sondern auch die
anthropologische Komponente, je nachdem ob man in diesem Massenaussterben das
letzte einer langen Reihe von natürlichen Aussterbevorgängen in der Natur sieht
oder den ersten von vielen zerstörerischen Eingriffen des Menschen in seine
Umwelt.
Wikipedia
http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=S%C3%A4ugetiere&action=history
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