Bildung bezeichnet die Entfaltung oder
Entwicklung der Fähigkeiten eines Menschen aus seinen Anlagen, angeregt und
gesteuert durch seine Erziehung. Der Begriff Bildung bezieht sich sowohl auf
den Prozess (sich bilden) als auch auf den Zustand (gebildet sein).
Bildung ist ein sprachlich,
kulturell und historisch bedingter Begriff mit einer sehr komplexen Bedeutung. Eine
präzise, oder besser noch einheitliche Definition des Bildungsbegriffs zu
finden, erweist sich daher als äußerst schwierig. Je nach Ausrichtung und
Interessenlage variieren die Ansichten darüber, was unter „Bildung“ verstanden
werden sollte erheblich.
„Bildung verweist auf Bild und
damit zurück auf die bis in unser Jahrhundert aufgegriffene Genesispassage (1. Buch
Mose, 26 f.), nach der Gott den Menschen nach seinem Bilde geschaffen hat. Gleichzeitig
ist es diesem Geschöpf verboten, sich ein Bild Gottes zu machen.“ (Meyer-Drawe, 1999, S. 161.)
Der moderne dynamische und
ganzheitliche Bildungsbegriff steht für den lebensbegleitenden
Entwicklungsprozess des Menschen, bei dem er seine geistigen, kulturellen und
lebenspraktischen Fähigkeiten und seine personalen und sozialen Kompetenzen
erweitert. Es kann aber keinen perfekten Menschen geben; individuelle Anlagen,
sowie zeitliche, räumliche und soziale Bedingungen, setzen der Verwirklichung
eines wie auch immer definierten Bildungs-Ideals Grenzen.
Nach Daniel Goeudevert ist
Bildung „ein aktiver, komplexer und nie abgeschlossener Prozess, in dessen
glücklichem Verlauf eine selbstständige und selbsttätige, problemlösungsfähige
und lebenstüchtige Persönlichkeit entstehen kann“. Bildung kann daher nicht auf
Wissen reduziert werden: Wissen ist nicht das Ziel der Bildung, aber sehr wohl
ein Hilfsmittel. Darüber hinaus setzt Bildung Urteilsvermögen, Reflexion und
kritische Distanz gegenüber dem Informationsangebot voraus. Dem gegenüber steht
die Halbbildung, oder, wenn es um Anpassung im Gegensatz zur reflexiven Distanz
geht, auch die Assimilation_(Soziologie).
Eine alternative Definition
findet sich bei Kössler: „Bildung ist der Erwerb eines Systems moralisch
erwünschter Einstellungen durch die Vermittlung und Aneignung von Wissen
derart, dass Menschen im Bezugssystem ihrer geschichtlich-gesellschaftlichen
Welt wählend, wertend und stellungnehmend ihren Standort definieren,
Persönlichkeitsprofil bekommen und Lebens- und Handlungsorientierung gewinnen. Man
kann stattdessen auch sagen, Bildung bewirke Identität...“ (Henning Kössler 1989, S. 56).
Während in unserem Alltagsdenken
und -handeln der Bildungsbegriff stark mit Begriffen wie „Belehrung“,
„Wissensvermittlung“ etc. verbunden ist, haftet seit Wilhelm von Humboldt in
der Theorie und der Programmatik „dem Wort Bildung das Moment der
Selbständigkeit, also des Sich-Bildens der Persönlichkeit“ an (Hartmut von
Hentig). Nach Humboldt ist Bildung die Anregung aller Kräfte des Menschen, damit
diese sich über die Aneignung der Welt entfalten und zu einer sich selbst
bestimmenden Individualität und Persönlichkeit führen.
Das Wort Bildung selbst ist ein
typisch deutsches Wort, es steht in spezifischer Beziehung zu „Erziehung“. Diese
in der deutschen Sprache unterschiedlich belegten Begriffe sind im Englischen
als „education“ zusammengefasst.
Der Begriff ist ferner
abzugrenzen von Begriffen mit denen er umgangssprachlich oft synonym verwendet
wird: den Begriffen Wissen, Intellektualität und Kultiviertheit. Der Begriff
Bildung schließt allerdings (je nach Interpretation des Bildungsbegriffs in
unterschiedlichen Maße) Facetten aller drei Begriffe mit ein. Außerdem besteht
eine gewisse Nähe zum Begriff Reife.
Der Begriff der Bildung erfuhr
während seiner Entwicklung mehrmals einen Bedeutungswandel.
Obwohl die Antike noch nicht den
Begriff Bildung verwendete, waren die Ideen, die diesen Begriff prägen sollten,
doch schon präsent. In Platons „Politeia“ finden sich im Rahmen seiner
Beschreibung der Erziehung zu einem Philosophenkönig - besonders im Höhlengleichnis
- Gedanken zur Bildung, die noch unser heutiges Verständnis prägen. Der
deutsche Begriff entstand im Mittelalter, wahrscheinlich als Begriffsschöpfung Meister
Eckharts im Rahmen der Imago-Dei-Lehre. Der Begriff ist also theologischen
Ursprungs. Bilden wird verstanden als gebildet werden durch Gott, nach dem
Abbild Gottes. Die menschliche Seele wird gebildet im Sinne von „nachgebildet“.
Bildung ist also ein Prozess, auf den der Einzelne keinen Einfluss hat. Es ist
nicht die Aufgabe des Menschen sich zu bilden. Der Prozess wird von außen an
den Menschen herangetragen. Das angestrebte Ziel dieses Prozesses ist in der
Schöpfung festgelegt und damit durch Gott bestimmt.
Angesichts der Zerstörungen
während des Dreißigjährigen Krieges erhofft sich Comenius eine friedliche
Ordnung der Welt daraus, dass Menschen von Kindheit an zu menschlichem
Verhalten angeleitet werden. So hält der Begriff Bildung Einzug in die Pädagogik.
Das damals verwendete lateinische Wort eruditus – gebildet, aufgeklärt
bedeutet etymologisch <ent-roht>. Solchen Ausgang des Menschen aus seiner
ursprünglichen Rohheit erwartet Comenius (288 Jahre vor Ludwig Wittgenstein)
von Sorgfalt beim Denken und Sprechen:
Nosse rerum differentias et
posse unumquodque suo insignare nomine.
Den Unterschied der Dinge kennen und jedes mit
seinem Namen bezeichnen können.
(Ianua linguarum reserata – Eröffnete SprachenThür 1631).
Das im 18. Jahrhundert
entstehende neue Menschenbild eines aufgeklärten, in wissenschaftlichen
Kategorien denkenden und handelnden Menschen formt auch den Begriff der Bildung
um. Durch die Auseinandersetzung deutscher Autoren mit Shaftesbury wird der
Begriff säkularisiert. Die theologische Bedeutung weicht einer Bedeutung, die
sich der platonischen nähert. Der Mensch soll sich nun nicht mehr zum Abbild
Gottes entwickeln, sondern das Ziel ist die menschliche Vervollkommnung. Diese
Idee findet sich unter anderem bei Pestalozzi (Abendstunde eines Einsiedlers), Herder
(Ideen), Schiller und Goethe (Wilhelm Meister). Immanuel Kant präzisiert in
seiner Schrift „Über Pädagogik“ die Aufgabe von Bildung wenn er schreibt:
„Die Pädagogik oder Erziehungslehre ist entweder
physisch oder praktisch. [...] Die praktische oder moralische ist diejenige,
durch die der Mensch soll gebildet werden, damit er wie ein frei handelndes
Wesen leben könne. [...] Sie ist Erziehung zur Persönlichkeit, Erziehung eines
frei handelnden Wesens, das sich selbst erhalten, und in der Gesellschaft ein
Glied ausmachen, für sich selbst aber einen innern Wert haben kann.“
Waren die Bildungsziele vor der
Aufklärungsepoche noch durch Gott gegeben, so sind sie nun bestimmt durch die
Notwendigkeit des Menschen in einer Gesellschaft zu leben. Es geht darum die
„Rohmasse“ Mensch so zu formen, dass er ein nützliches Mitglied der
Gesellschaft werden könne. In diesem Formungsprozess werden vorhandene Anlagen entwickelt.
Doch immer noch werden die Bildungsziele nicht durch das Individuum festgelegt,
sondern sind Idealvorstellungen die unabhängig vom einzelnen ewige Geltung
beanspruchen (vgl. Ideenlehre) und von außen an das Individuum herangetragen
werden.
Der deutsche Idealismus wendet
den Bildungsbegriff zum Subjektiven. Bildung wird verstanden als Bildung des
Geistes, der sich selber schafft. Dieser bei Fichte beschriebene Prozess lässt
sich in der Formel fassen: Das Ich als Werk meiner Selbst. Außerdem ist es
Fichte, der seinen Bildungsbegriff das erste Mal auf objektives Faktenwissen
begründet. Ziel ist wie bei den Denkern der Aufklärung die Genese einer
vollkommenen Persönlichkeit. Vollkommen ist die Person, wenn eine Harmonie
zwischen „Herz, Geist und Hand“ besteht.
Humboldt schließlich erhebt
Bildung zum Programm. Das Bedürfnis sich zu bilden sei im Inneren des Menschen angelegt
und müsse nur geweckt werden. Jedem soll Bildung zugänglich gemacht werden. Diese
Forderung mündet leider noch nicht in der Umsetzung „Gleiche Bildung für
Alle!“. Humboldt erschafft ein mehrgliedriges Schulsystem, in dem jeder nach
seinen Fähigkeiten und nach den Anforderungen, die die Gesellschaft an ihn
stellt, gefördert wird. Allerdings geht es beim humboldtischen Bildungsideal
nicht um empirisches Wissen, sondern immer noch um die
Ausbildung/Vervollkommnung der Persönlichkeit und das Erlangen von
Individualität. Dieses „Sich-bilden“ wird nicht betrieben, um ein materielles
Ziel zu erreichen, sondern um seiner selbst willen.
Bürgerliches Statussymbol und messbares Gut, das am praktischen Leben
orientiert sein muss, wird Bildung erst mit der Bürokratisierung, in Form von
Gymnasiallehrplänen. Bildung genügt sich nicht mehr allein, sondern soll Nutzen
und möglichst auch Gewinn bringen. Damit wird Bildung zum Statussymbol der
Gesellschaft und zum sozialen Abgrenzungskriterium. Man gehört entweder dazu,
ist gebildet oder eben nicht. So schreibt Friedrich Paulsen 1903:
„Wenn ich mein Sprachgefühl ganz gewissenhaft
erforsche, so finde ich dieses: gebildet ist, wer nicht mit der Hand arbeitet,
sich richtig anzuziehen und zu benehmen weiß, und von allen Dingen, von denen
in der Gesellschaft die Rede ist, mitreden kann. Ein Zeichen von Bildung ist
auch der Gebrauch von Fremdwörtern, das heißt der richtige: wer in der Bedeutung
oder der Aussprache fehlgreift, der erweckt gegen seine Bildung ein ungünstiges
Vorurteil. Dagegen ist die Bildung so gut wie bewiesen, wenn er fremde Sprachen
kann [...]. Damit kommen wir dann auf das letzte und entscheidende Merkmal:
gebildet ist, wer eine 'höhere' Schule durchgemacht hat, mindestens bis
Untersekunda [10. Klasse. Anmerkung des Verfassers], natürlich mit 'Erfolg'.“(Paulsen, 1903)
Und zur Bewertung von Bildung
schreibt er weiter:
„Und um über den Erfolg, also über den Besitz der
Bildung keinen Zweifel bestehen zu lassen, besteht in Deutschland jetzt
allgemein die Einrichtung, daß der Schüler beim Abschluss der Untersekunda
geprüft und ihm über die Bildung eine Bescheinigung ausgestellt wird.[...] Damit
hätten wir denn auch einen von Staats wegen festgesetzten Maßstab der Bildung:
es gehört dazu, was in den sechs ersten Jahreskursen der höheren Schulen
gelernt wird;[...]“(Paulsen,
1903)
An der Geschichte des
Bildungsbegriffs lässt sich verfolgen, dass dieser im Laufe der Zeit nicht
eine, sondern mehrere Konnotationen erhalten hat. Angefangen bei der religiösen
Bedeutung über die Persönlichkeitsentwicklung bis hin zur Ware Bildung. In
heutigen gesellschaftlichen Debatten wird der Bildungsbegriff mit allen diesen
Konnotationen zugleich oder in Teilen verwendet, je nachdem, in welchem Kontext
die Äußerung steht. Mögliche Kontexte sind zum Beispiel: soziale Abgrenzung,
wirtschaftliche Interessen oder politische Ziele. Verallgemeinernd kann
eigentlich nur gesagt werden, dass die meisten Definitionen auf den
Mündigkeitsaspekt des Begriffs „Bildung“ hinweisen. Zu den Begriffen und
Begriffsschöpfungen, die im gemeinten Kontext zur Sprache kommen, gehören
Bildungssystem, Bildungsmisere, Allgemeinbildung, Bildungspolitik,
bildungsferne Schichten u.a.m. Wie nicht zuletzt die Diskussion um die Pisa-Studie
zeigt, werden heute auch die allgemeinbildenden Schulen mit immer größerer
Selbstverständlichkeit unter dem Gesichtspunkt der „Optimierung von
Lernprozessen im Hinblick auf deren Relevanz für ökonomisch verwertbare Arbeit“
(Ribolits, 13) bewertet.
Die Fähigkeit des Menschen,
lernen zu können, ist die Grundlage für Erziehung und Bildung. Beim
Erziehungsprozess werden Kinder und Jugendliche durch die pädagogisch
Verantwortlichen (Eltern, Erzieher, Lehrer, Jugendleiter) in die Welt der
Erwachsenen eingeführt. Sie lernen dabei Regeln, Normen und Verhalten, aber
auch selbständiges Denken und Handeln. Der Weg zum Selbstverstehen führt über
das Fremdverstehen, d.h. über das Begreifen und Aneignen der umgebenden Welt.
Während Erziehung eher äußere
Steuerungsimpulse der Persönlichkeitsentwicklung meint, bezieht sich Bildung
wesentlich auf Prozesse und Ergebnisse der individuellen Verarbeitung und
Aneignung. Bildung ist im Gegensatz zu Ausbildung bzw. Berufsbildung nicht unmittelbar
an ökonomische Zwecke gebunden. Der Erwerb allgemeinbildender Abschlüsse,
insbesondere des Abiturs, ist jedoch oft Voraussetzung für den Zugang zu gut
bezahlten Berufen. Zum Problem der Konkurrenz von Bildung und Ausbildung
äußerte sich Johann Heinrich Pestalozzi folgendermaßen: „Allgemeine
Emporbildung der inneren Kräfte der Menschennatur zu reiner Menschenweisheit
ist allgemeiner Zweck der Bildung auch der niedrigsten Menschen. Übung,
Anwendung und Gebrauch seiner Kraft und Weisheit in den besonderen Lagen und
Umständen der Menschheit ist Berufs- und Standesbildung. Diese muss immer dem
allgemeinen Zweck der Menschenbildung untergeordnet sein ... Wer nicht Mensch
ist, dem fehlt die Grundlage zur Bildung seiner näheren Bestimmung.“ Johann
Gottfried von Herders Gedanken ähneln denen von Pestalozzi: „Menschen sind wir
eher, als wir Professionisten werden! Von dem, was wir als Menschen wissen und
als Jünglinge gelernt haben, kommt unsere schönste Bildung und Brauchbarkeit
für uns selbst her, noch ohne zu ängstliche Rücksicht, was der Staat aus uns
machen wolle. Ist das Messer gewetzt, so kann man allerlei damit schneiden.“
Da allgemeine Schulpflicht
(Deutschland) besteht, werden Bildungsprozesse wenigstens zunächst nicht
freiwillig initiiert. Weil in unserer Gesellschaft Wissen verlangt wird,
besteht lebenslang ein äußerer Druck, möglichst viele Informationen
aufzunehmen. Wissen und Lernen allein ergeben jedoch noch keine Bildung, daher
kann auch ein wissensbasierter Bildungskanon nicht mehr sein als ein wichtiges
Hilfsmittel der Förderung von Bildung. Friedrich Paulsen äußert sich im
enzyklopädischen Handbuch der Pädagogik von 1903 zu diesem Thema
folgendermaßen: „Nicht die Masse dessen, was [man] weiß oder gelernt hat macht
die Bildung aus, sondern die Kraft und Eigentümlichkeit womit [man] es sich
angeeignet hat und zur Auffassung und Beurteilung des ihm Vorliegenden zu
verwenden versteht. ... Nicht der Stoff entscheidet über die Bildung, sondern
die Form.“
Demnach ist seit langem klar,
dass Schulabschlüsse, die hauptsächlich Lernleistungen prämieren, nur bedingt
als Bildungsnachweise tauglich sind.
Eine gute Symbolik für die
elementaren Aspekte der Bildung, die im schulischen Unterricht
fächerübergreifend erlernt werden (sollen), ergibt sich aus einem
gleichseitigen Dreieck, da hier jede Seite gleichberechtigt ist. Die drei
Seiten stehen dabei symbolhaft für Wissen, Denken und Kommunikationsfähigkeit. Wissen
umfasst dabei die Wissensinhalte (deklaratives Wissen), dass Denken hingegen
die unterschiedlichen Strategien des Erkenntisgewinns wie Problemlösen,
Beschreiben, Erklären, Interpretieren usw. Unter Kommunikationsfähigkeit kann
in diesem Zusammenhang die Fähigkeit eines Menschen verstanden werden seine
Gedanken, Ideen, Thesen usw. anderen transparent zu machen und umgekehrt sich
in die Gedankenwelt anderer aktiv hineinzuversetzen. Ein alternatives Bild
würde sich ferner durch einen dreibeinigen Hocker ergeben, bei dem jedes Bein
für einen der genannten Aspekte der Bildung steht. Ist ein Bein länger (kürzer)
als die anderen beiden Beine, dann wird der Hocker in seinem Schwerpunkt
instabil. Diese grundlegenden Aspekte der Bildung konstituieren gleichermaßen
die Basis für alle weitergehenden Aspekte der Bildung, wie moralisches Denken
und Handeln, Kreativität und künstlerische Fähigkeiten oder instrumentelle
Fertigkeiten. In diesem Sinne können diese drei Aspekte als
Elementarkompetenzen der Bildung bezeichnet werden.
Zunehmende Bedeutung, auch mit
Rückwirkungen auf die Diskussion über schulische Bildung, gewinnt die frühe
Bildung von Kindern in den ersten Lebensjahren. Während man noch in den 50er
und 60er Jahren vom „dummen ersten Jahr“ sprach und damit die
Bildungsunfähigkeit kleiner Kinder beschreiben wollte, ist heute allgemeiner
Kenntnisstand, dass Bildung spätestens mit der Geburt beginnt und dann in
höchstem Tempo die wesentlichen Voraussetzungen aller späteren Bildungsprozesse
gelegt werden. Wichtige Impulse hat dieser Prozess durch die Hirnforschung
erfahren sowie durch vergleichende internationale Bildungsstudien (z.B. PISA-Studien)
und das schlechte Abschneiden des deutschen Bildungssystems. (siehe auch Vorschule)
Im allgemeinen korrelieren in
fast allen Gesellschaften sozialer Status und formale Bildung positiv
miteinander. Das bedeutet, dass niedrige Bildungsabschlüsse (oder das Fehlen
derselben) vor allem in den unteren Bevölkerungsschichten anzutreffen sind. Durch
Erwerb von Bildung ist sozialer Aufstieg möglich.
Mit „Bildung“ und dem Ausbau des Bildungssystems war in der Vergangenheit
häufig die Hoffnung verbunden, soziale Ungleichheiten abzubauen. Dass es sich
bei der ersehnten „Chancengleichheit“ um eine Illusion handelt, haben die
französischen Soziologen Pierre Bourdieu und Jean-Claude Passeron schon in den
60er Jahren gezeigt. Dabei gibt es nationale Unterschiede. Im internationalen
Vergleich bestimmt in Deutschland die soziale Herkunft in besonders hohem Maß
den Bildungserfolg. Diverse Schulleistungs-Studien (LAU-Studie, IGLU-Studie, PISA-Studie,
AWO-Studie) haben belegt, das Kinder ungebildeter Eltern selbst dann häufig
eine geringere Schulformempfehlung bekommen als Kinder von Eltern mit höherer
Bildung, wenn die kognitive, die Lese- und Mathematikkompetenz gleich ist. Das
Bildungswesen kann unter solchen Voraussetzungen dazu dienen, soziale
Ungleichheit zu reproduzieren und zu legitimieren, da das „Versagen“ im
Bildungssystem häufig als individuelle Unfähigkeit interpretiert und erlebt
wird. In Deutschland sind gegenwärtig in besonderer Weise Kinder und
Jugendliche aus Einwandererfamilien von Bildungsbenachteiligung betroffen. Darauf
reagiert eine Fachdiskussion zu der Frage, was Erfordernisse einer angemessenen
Bildungspolitik und Bildungspraxis in der Einwanderungsgesellschaft sind.
Siehe auch: Bildungsparadox, Chancengleichheit,
Reproduktion (Bildung), Arbeiterkinder, Bildungsbenachteiligung, DSW-Sozialerhebung
Einem eng gefassten Kanon von
Bildungszielen stehen der individuelle Charakter jeglicher Bildung, die plurale
Verfasstheit menschenrechtlich begründeter Demokratien und das breite
kulturelle Spektrum der sich ausbildenden Weltgesellschaft entgegen. Daher sind
die unten genannten Ziele nicht als allgemeinverbindliches Bildungsideal
aufzufassen, sondern eher als elementare Richtungsweiser. Auch stehen sie in
einer gewissen Spannung zur vorherrschenden Funktion des Bildungs- und
Ausbildungssystems, auf die Berufstätigkeit vorzubereiten, in der oft ganz
andere Fähigkeiten und Einstellungen verlangt werden. Wenn aber die freie
Entfaltung der Persönlichkeit, wenn Brüderlichkeit der Menschen untereinander
und ein gleiches Recht für alle als Daseinsnormen der menschenwürdigen Existenz
zur Geltung gebracht werden sollen, wird man in Erziehung und Bildung die
nachstehenden Ziele nicht preisgeben dürfen:
In Klafki Sicht zielt Bildung auf
die Vermittlung und den Erwerb von drei grundlegenden Zielen:
Bildung solle in allen Grunddimensionen
menschlicher Fähigkeiten vonstattengehen, das bedeutet über kognitive
Funktionen hinaus:
Im Bildungsprozess seien
spezifische Einstellungen und Fähigkeiten zu vermitteln und zu erwerben:
Land |
Bildungsausgaben (*) |
Mexiko |
23,9 |
Südkorea |
17 |
Norwegen |
16,1 |
Dänemark |
15,3 |
USA |
15,2 |
Australien |
14,3 |
Schweden |
13,1 |
Irland |
13 |
Finnland |
12,7 |
Großbritannien |
12,7 |
Portugal |
12,6 |
Belgien |
12,5 |
Österreich |
11,5 |
Spanien |
11,1 |
Frankreich |
11 |
Japan |
10,6 |
Niederlande |
10,6 |
Italien |
9,9 |
Deutschland |
9,8 |
Tschechien |
9,6 |
(*) Prozentual bezogen auf die
gesamten öffentlichen Ausgaben
Quelle: OECD 2005, Stand 2002
Wikipedia
http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Bildung&action=history
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