Zwergflamingos bilden große
Schwärme, die nomadisch umherziehen. Die Brutkolonien der Zwergflamingos
umfassen zum Teil mehr als 1 Million Vögel und gehören somit zu den größten
Vogelansammlungen der Welt. Flamingos, auch der Zwergflamingo, gehören zu den geselligsten
Vögeln der Welt, und sogar die Balz (Werbung der Männchen um die Weibchen)
findet in Gruppen statt, ein für Tiere eher untypisches Verhalten. Es gibt zwar
bei der Balz überlegene Männchen, jedoch lässt sich in den riesigen
Zwergflamingokolonien keine richtige Hackordnung oder Rangordnung ausbilden. Auch
wechseln die Schwärme ständig, tun sich für kurze Zeit mit anderen zusammen, um
sich dann wieder zu trennen. Dies ist eine der Folgen des nomadischen
Zugverhaltens, welches aufgrund ständig wechselnder Beutetierpopulationen
praktiziert wird.
Zwergflamingos in
der Nähe von Ngorongoro.
Der Schnabel der Zwergflamingos
hat sich in einen hochspezialisierten Filterapparat gewandelt, um aus dem
Wasser kleine Wirbellose zu filtern, wobei das Beutespektrum sich fast
ausschließlich auf das Cyanobakterium Spirulina platensis beschränkt.
Da Zwergflamingos in den bereits
genannten lebensfeindlichen Lebensräumen leben, gibt es nur wenige Organismen,
welche von den carnivoren Flamingos gefressen werden können. Dies sind Blaubakterien,
Kieselalgen und ein paar wenige Wirbellose wie das Salinenkrebschen Artemia
salina. Doch von der Handvoll Möglichkeiten, die Zwergflamingos in ihrem
Lebensraum nützen könnten, beschränken sie sich auf das blaugrüne Bakterium Spirulina
platensis (früher auch als Blaualge bezeichnet). In dieser sind, obwohl
diese Cyanobakterien eigentlich grün-blau sind, auch die Karotinide vorhanden,
die Flamingos das rosafarbige Gefieder verleihen. Flamingos wie der
Zwergflamingo haben eine im Vogelreich, aber nicht im Tierreich einzigartige
Art, diese winzigen Lebensformen zu fressen: Sie "filtern" ähnlich
wie die Wale ihre Nahrung aus dem Wasser. Ihr Schnabel ist ein Filterapparat. In
ihm befinden sich große Borsten, an denen wiederum kleine Borsten sitzen. Der
Zwergflamingo hält beim Filtrieren den Schnabel verkehrt herum ins Wasser und
öffnet den Schnabel so weit, dass ein kleiner Spalt entsteht. Daraufhin ziehen
die Zwergflamingos ihre große Zunge zurück, wodurch ein Unterdruck entsteht,
der das Wasser mit den Kleinstlebewesen einsaugt. Das Wasser mit den
Cyanobakterien wird nun in den Schnabel des Flamingos gezogen, da die kleinen
Borsten angelegt sind und somit die kleinen Lebewesen durchlassen. Dann führt
er die Zunge in das Wasser im Schnabel, wodurch es wieder herausgepresst wird. Doch
diesmal sind die kleinen Borsten aufgestellt, woran die Kleinstlebewesen hängen
bleiben und somit "herausgefiltert" werden. Wenn der Flamingo beim
nächsten Filtervorgang die Zunge einzieht, zieht er den Fang des letzten
Filterns, der noch an den Borsten hängt, mit der fleischigen Zunge ein. Auf
diese Weise halten sich auch das Salz und die Chemikalien, die in den Körper
aufgenommen werden, in Grenzen. Doch zum Trinken bevorzugt auch er schwach
salzhaltiges Wasser oder Süßwasser von Quellen oder Regenwasser.
Ein Zwergflamingo
(Phoenicopterus minor) in einbeiniger Ruhestellung
Momentan sind über den
Nahrungsverbrauch des Zwergflamingos nur Schätzungen vorhanden. Eine bekanntere
Schätzung des österreichischen Zoologen Ekkehard Vareschi bezieht sich auf die
Zwergflamingokolonie am Nakurusee, welche laut ihm täglich etwa 36 Tonnen Spirulina
platensis aus dem Wasser filtert. Ekkehard Vareschis Schätzungen, wie viele
Spirulina platensis insgesamt im See leben, belaufen sich auf 180.000
Tonnen. Die Verluste durch die Flamingos weiß das Bakterium Spirulina
platensis nur durch seine hohe Vermehrungsrate auszugleichen.[1]
An einem Großteil der Orte, wo
Zwergflamingos leben, finden sich auch Rosaflamingos. Die verschiedenen Arten
leben dicht nebeneinander, machen sich jedoch keine Konkurrenz um Nahrung. Die
Ursache hierfür sind zwei Gründe: Einerseits suchen Rosaflamingos ihre Nahrung
in den schlammigen Gründen der Salzseen, anders als Zwergflamingos, die ihre
Nahrung aus den Oberflächengewässern filtern. Außerdem sind die Filterschnäbel
anders gebaut: Die des Zwergflamingos sind extrem fein, um das Cyanobakterium Spirulina
platensis überhaupt aus dem Wasser filtern zu können. Artemia salina
kommt hingegen selbst durch die "groben" Borsten, die anfangs
aufgestellt sind, nicht durch. Zwergflamingos haben sich aber auf solch
"große" Beutetiere spezialisiert, Spirulina platensis kommt
selbst durch die feinen Lamellen, die später aufgestellt werden, durch, wogegen
Artemia salina in diesen Lamellen hängen bleibt. So machen sich der
Zwergflamingo und der Rosaflamingo keine Konkurrenz, obwohl sie direkt
nebeneinander nach Nahrung suchen.
Ein besonderer Aspekt der
Ernährung der Zwergflamingos ist die Konkurrenz um Nahrung, die von Fischen
ausgeht. In fischreichen Gewässern gibt es keine Zwergflamingos, denn die
Fische sind in der Lage, den Wettbewerb um die wirbellose Nahrung zu gewinnen. Daher
leben Zwergflamingos auch fast ausschließlich in den Salzseen, wo nur wenige
Fische leben können. Im Nakurusee wurde der Bestand der Zwergflamingos und das
Ökosystem gestört, als der Mensch dort in den 1960er Jahren kleine Buntbarsche
der Art Tilapia grahami aussetzte. Diese stammten aus dem Natronsee, wo
die Fische schon seit langem lebten, und das Ökosystem dieses Sees daran
angepasst war. Doch im Nakurusee vermehrten sich die kleinen Fische massenhaft,
wodurch auch Fischfresser wie Kormorane, Scharben, Schlangenhalsvögel,
Tauchervögel und Pelikane angezogen wurden. Dadurch wurde das Ökosystem am Nakurusee
gestört, ein typischer Fall von Faunenverfälschung.
Das nomadische Zugverhalten der
Zwergflamingos ist unberechenbar und bis heute nicht geklärt. Die Tiere ziehen
wohl wegen stark variierender Bestände von Spirulina platensis nachts
zwischen den Seen umher, denn meist haben die Organismen, von denen sich die
Zwergflamingos ernähren, eine kurze Blütezeit, in der sie in Massen auftreten,
um dann wieder stark abzunehmen. Dann sind die Zwergflamingos gezwungen, zu
einem anderen See mit Organismenblüte zu ziehen. Einmal aufgesuchte Seen werden
oft jahrelang nicht mehr besucht. Wichtige Faktoren in diesem Zugverhalten sind
vielleicht auch noch die Tektonik, Trockenzeiten, Regenzeiten, Hochwasser, Dürren
und wohl weitere andere Faktoren.
Zeichnung eines
Flamingokopfes
Ebenso unberechenbar wie das
Zugverhalten ist das Fortpflanzungsverhalten. Auch hier herrscht Unklarheit,
welche Faktoren die Zwergflamingos wann zur Brut bewegen. Meist pflanzt sich
ein Individuum alle 2 Jahre fort, in günstigen Zeiten jedoch auch jährlich, in
schlechten Zeiten manchmal jahrelang nicht. Hieraus ergeben sich pro Flamingo
15-30 Bruten im Leben. Lange Zeit war unbekannt, wo der Zwergflamingo brütet,
doch inzwischen ist bekannt, dass die Flamingos am Rift Valley und in der
Umgebung am Natronsee, dem Hauptbrutgebiet der Zwergflamingos, brüten. Die
anderen, separaten Vorkommen brüten an anderen Salzseen. Wie dies bekannt
wurde, ist in Zwergflamingoforschung zu lesen. Insgesamt sind in Afrika
nur drei Seen bekannt. an denen die Flamingos brüten
Die Männchen balzen in großen
Verbänden zusammen, ein sehr ungewöhnliches Verhalten im Reich der Tiere. Die
Balzrituale sind streng ritualisiert und mit einem ballettartigen
"Tanz" zu vergleichen. Vollkommen synchron schlagen die Flamingos mit
den Flügeln, nicken rhythmisch mit dem Kopf, marschieren in der Gruppe durch
den See und geben Laute von sich. Wenn ein Weibchen sich ein Männchen
ausgesucht hat, ist diese Partnerschaft monogam und hält über viele Jahre bis
lebenslang.
Ein naher
Verwandter des Zwergflamingos (Phoenicopterus minor), der Rosaflamingo (Phoenicopterus
roseus), sitzt in einem Tierpark auf seinem Schlammnest.
Wenn der Wasserpegel des
Natronsees sinkt, entstehen schlammige Inseln, auf denen die Zwergflamingos
brüten. Dort legen sie auch ihre Nester an. Die Nester der Zwergflamingos sind
40 cm hohe, aus Schlamm bestehende Kegelstümpfe mit einer Mulde an der Spitze. In
diese Mulde legt das Flamingoweibchen ihr einziges, längliches Ei. Die
turmartige Bauweise hat mehrere Vorteile: steigt infolge starker Regenfälle das
ätzende Wasser des Natronsees, sind die Nester nicht gleich überflutet und die
gesamte Brut verloren. Der andere Grund sind die Temperaturen. Wäre das Nest
des Zwergflamingos ein Bodennest, müssten die Eier mittags Temperaturen von zum
Teil über 50°C standhalten. Oben auf dem Nistkegel steigt die Temperatur jedoch
selten über 35°C. Männchen und Weibchen teilen sich das Brutgeschäft, bis nach
27 bis 31 Tagen ein Flamingoküken mit graubraunem Dunenkleid und grauen Beinen
schlüpft.
Nach dem Schlupf werden die
jungen Zwergflamingos mit einer Art Kropfmilch gefüttert, die in der
Speiseröhre der Eltern gebildet wird, was der Jungtierfütterung von Tauben und
Pinguinen ähnelt. Die Milch wird zusätzlich mit Karotin und Blut der
Elterntiere vermischt, wodurch diese Kropfmilch dem Nährwert der Säugetiermilch
in nichts nachsteht. Die Jungtiere verlassen nach einer Woche im Nest das Nest
selbstständig, aber in Begleitung der Eltern. Das Flamingoküken, schließt sich
einer Großgruppe von Küken an, den sogenannten "Krippen". Eine Krippe
umfasst zum Teil mehr als 300.000 Zwergflamingoküken, die von einigen
Elterntieren bewacht werden. Die Jungen werden immer noch von ihren Eltern
gefüttert, und trotz der vielen Küken erkennen die Eltern an dessen Geschrei
ihr eigenes Küken und füttern nur dieses mit ihrer nahrhaften Kropfmilch. Nach
etwa einer Woche in der Krippe beginnt der Schnabel, der bei dem Schlupf gerade
war, die typische Krümmung der adulten Zwergflamingos anzunehmen. Mit einem
Alter von 4 bis 6 Wochen beginnen die Küken mit der Nahrungssuche, doch sie
werden noch immer gefüttert, da ihr Filterapparat noch nicht hinreichend
ausgebildet ist, um genug Spirulina platensis zu fangen. Erst mit 10 Wochen
sind sie dazu befähigt. Mit 11 Wochen können sie fliegen. Ihr Jugendkleid nach
der graubraunen Phase ist rosabraun gescheckt, mit 3 bis 4 Jahren haben sie das
prächtige Gefieder der Erwachsenen entwickelt, und mit 6 Jahren werden sie zum
ersten mal selber brüten.
http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Zwergflamingo&action=history
http://www.gnu.org/copyleft/fdl.html