Die Schönheit der Kraniche und
ihre spektakulären Balztänze haben schon in früher Zeit die Menschen fasziniert.
Der Name Kranich ist etymologisch
von den altdeutschen Wörtern „Kran“, „Kranch“ und „Krye“ abgeleitet. Das
englische Wort „Crane“ ist nahe verwandt. Es besteht ein Bezug zum griechischen
Wort „Geranos“, vom dem das lateinische „Grus“ abgeleitet sein dürfte. Von
diesem stammen wiederum das italienische Wort „Gru“, das französische „Grue“
und das spanische „Grulla“ ab. Nach Isidor von Sevilla ist auch eine Ableitung
der Bezeichnung Grus vom lateinischen „congruere“ (übereinstimmen) möglich. Somit
beziehen sich die Benennungen sowohl auf den trompetenartigen Ruf dieses Vogels
als auch auf seine synchronen Verhaltensmuster.
Etymologen haben zudem einige
Namensverwandtschaften festgestellt. So heißen die vom Kranich gerne
gefressenen „Kronsbeeren“ (Preiselbeeren) auf englisch „Cranberry“. Das
französische Wort „Pedigree“ (Stammbaum) stammt vom altfranzösischen „Pied de
grue“ (Fuß des Kranichs) ab, da die Abstammungslinien den Zehen am Fuß des
Kranichs glichen. Mit der langhalsigen Hebevorrichtung des „Geranos“ - der
Vorläufer des heutigen „Krans“ - waren schon in der Antike des Euripides Theater
ausgestattet.
In der ägyptischen Mythologie
galt der Kranich „Sonnenvogel“. Er wurde sowohl als Opfergabe für die Götter
als auch als Speisevogel genutzt. In den Hieroglyphen steht seine Figur für den
Buchstaben „B“.
In griechischen Mythologie war
der Kranich sowohl Apollon, dem Gott der Sonne und Demeter, der Erd- und
Fruchtbarkeitsgöttin, als auch Hermes als Bote des Frühlings und des Lichts
zugeordnet. So lasen die Auguren (Priester) in Griechenland aus den
Flugformationen der Kraniche. Außerdem galten Kraniche als Symbol der
Wachsamkeit und Klugheit.
Laut Homers Ilias soll ein
Heer von menschenfressenden Kranichen nach Süden gezogen sein, um in den
Nilsümpfen das kleine Volk der Pygmäen zu jagen. Zudem wird bei Homer der
„Reigen der Ariadne”, der sich nach Pausanias in Knossos auf Kreta fand,
erwähnt. Der Grieche Theseus soll einen Geranos genannten Reigen auf der Insel
Delos eingeführt haben. Diesen den Gängen des Irrgartens auf Kreta
nachempfundenen Tanz hatte er von seiner Geliebten, der kretischen
Königstochter Ariadne, die ihn ihrerseits vom berühmten Handwerker und Erfinder
Daidalos erlernt hatte. Aristoteles bezeichnet ihn als den Vogel, der äußerst
wachsam sei und „aus den skythischen Ebenen in die oberhalb Ägyptens liegenden
Sümpfe“ ziehe.
Der keltische Gott Ogma soll die
Oghamschrift erfunden haben, nachdem er den Flug der Kraniche beobachtet hatte,
welche als Hüter des Geheimnisses dieser Schrift galten. In Irland erbaten
Bauern von der Göttin Manannan, die einen Beutel aus Kranichhaut mit den
Schätzen des Meeres trug, gute Saat und die Seefahrer eine gute Reise. Das in
der Sage von Herzog Ernst erwähnte Volk der Agrippiner bestand aus Mischwesen
aus Mensch und Kranich. Diese bedrängten ein Zwergenvolk, bis Ernst sie von
denen befreien konnte. Die Bezeichnung „Vogel des Glücks“ leitet sich in Schweden
von der Ankunft des Kranichs als Vorzeichen für den Frühling her, der Wärme,
Licht und Nahrungsfülle einleitet.
Origami-Kraniche
- Symbol für ein langes Leben
Im alten Kaiserreich China war
der Kranich (鹤 hè) Symbol
für ein langes Leben, Weisheit, das Alter sowie die Beziehung zwischen Vater
und Sohn. Zudem galt er in der chinesischen Mythologie als „Himmelskranich“
oder „Seligenkranich“, da man glaubte, dass sich taoistische Priester nach
ihrem Tod in einen gefiederten Kranich verwandelten oder dass die Seelen der
Verstorbenen auf dem Rücken von Kranichen zum Himmel getragen würden. In der Qing-Dynastie
war der Kranich Abzeichen der Zivilbeamten des ersten Rangs.
In Japan ist der Kranich ein
Symbol des Glücks der Langlebigkeit. Nach alter japanischer Legende bekommt
derjenige, der 1000 Origami-Kraniche faltet, von den Göttern einen Wunsch
erfüllt. Noch heute wird zu besonderen Anlässen, wie Hochzeiten oder Geburtstagen,
ein gefalteter Papierkranich überreicht. Seit dem Tode des Atombombenopfers Sadako
Sasaki, die mit dem Falten von Origami-Kranichen gegen ihre durch die Strahlung
verursachte Leukämie-Erkrankung ankämpfte, sind Origami-Kraniche auch Symbol
der Friedensbewegung und des Widerstandes gegen Atomwaffen.
Auf Hokkaido führen die Frauen
der Ainu ebenso einen Kranichtanz auf, wie in Korea im Hof des Tongdosa-Tempels
seit der Silla-Dynastie ein Kranichtanz aufgeführt wird. Die zentralafrikanische
Königin der Pygmäen, Gerana, soll nach antiken Erzählungen in einen Kranich
verwandelt worden sein, weil sie sich für verehrungswürdiger als die Göttinnen
gehalten hatte. Die Azteken waren ein Volk aus der Region Aztlan, was „nahe den
Kranichen“ bedeutete. Im Aberglauben heißt es, im Schwarm um das Haus kreisende
Kraniche kündigten baldigen Nachwuchs an.
Wappen der
Gemeinde Kransberg
Der Kranich ist in der Heraldik
das Symbol der Vorsicht und der schlaflosen Wachsamkeit.
Aus griechischen Quellen kommt
das Motiv, dass der fliegende Kranich Steinchen im Schnabel trägt, um sich
nicht durch eigene Rufe über dem Taurus zu verraten und in die Fänge der Adler
zu geraten. Im römischen Kulturkreis hat der Kranich weitere Bedeutungen
hinzugewonnen. So galt er als Symbol der „Prudentia“, des vernünftigen und
klugen Handelns, der „Perseverantia“, der Beharrlichkeit, und der „Custodia“,
der Sorgfalt des Handelns. Aus der „Vigilantia“, der sittlichen und
militärischen Wachsamkeit, entstand der „Grus vigilans“. Dieser hält einen
Stein mit der Klaue hoch, damit er im Falle des Einschlafens sogleich vom
Geräusch des Fallens geweckt würde. Man findet dieses Motiv auf vielen Emblemen,
Wappen und Insignien, aber auch an Häusern und Burgen. So heißt es im Giebellied
des Kranichhauses in Otterndorf:
Der Kranich hält den Stein,
des Schlafs sich zu erwehren.
Wer sich dem Schlaf ergibt,
kommt nie zu Gut und Ehren.
Kirchenvater Ambrosius verwendet
dieses Bild als ein Gleichnis für die Furcht vor Gott zum Schutz gegen die
Sünde und das Teufelswerk. Weiterhin vergleicht er das Fallen den Steins mit
dem Ruf der Kirche (Glockengeläut). Zudem sollen es seinen Ansichten zufolge
die Menschen den Kranichen nachmachen, indem die Starken die Schwachen stützen.
In alten Volksmärchen und
Überlieferungen tritt der Kranich, der in der Regel mit positiven Eigenschaften
besetzt wird, als Verkünder von Geburten und Hochzeiten, aber auch von Krieg
und Tod in Erscheinung. In Fabeln wird er in der Regel zum Aufzeigen
menschlicher Ungerechtigkeit und Undankbarkeit genutzt.
Die jakutische Geschichte Die
Kranichfeder handelt von einem Kranich, der sich in ein schönes Mädchen
verwandelt, um einen Menschenmann zu heiraten. Als er eines Tages sein
abgestreiftes Federkleid wiederfindet, schwingt er sich davon, so dass er für
die Flüchtigkeit des Sommers und der Liebe steht. Auch das russische Märchen Reiher
und Kranich sowie das finnische Fuchs und Kranich, in dem der Fuchs
von ihm das Fliegen lernen will, behandeln diesen Vogel. In deutschen Fabel von
Fuchs und Kranich [2] laden sich beide
gegenseitig zu einem Mahl ein, das nur sie selbst verzehren können. Auch Johann
Wolfgang Goethe widmet sich dieser Thematik in einem Gedicht [3].
Auch in der Äsopschen Fabel vom Wolf und Kranich [4]
geht es unrecht zu. Hier befreit der Kranich den Wolf zwar vom im Halse steckengeblieben
Knochen, wird aber um seinen Lohn betrogen.
In den Tiergeschichten von
Haanpääs wird der Kranich vermenschlicht und individualisiert. So handelt die
Erzählung Der flügellahme Kranich von einem Exemplar, das nicht in den
Süden ziehen kann und sich im Winter gegen seine Feinde durchsetzen muss. Darauf
nimmt auch Theodor Fontanes Gedicht Der Kranich Bezug, dass erzählt, wie
ein Kranich mit gestutzten Flügeln sehnsuchtsvoll versucht, mit seinem
Artgenossen zu ziehen und nach vergeblichem Bemühen von den Hühnern ausgelacht
wird.
Der altisraelitische Prophet Jeremia
verwendet das Zugverhalten dieses Vogels gleichnishaft (Zeit der Umkehr) in der
Bibel.
In der Dichtung wird der Kranich
symbolisch für etwas „Erhabenes“ in der Natur verwandt. Wilhelm Buschs Der
kluge Kranich [5] spielt auf den Stein tragenden
wachsamen Vogel an. Friedrich Schiller inspirierte die Geschichte der Kraniche,
deren Erscheinen die Mörder des Dichters Ibykus verraten, zu der berühmten
Ballade Die Kraniche des Ibykus [6]. Johann
Wolfgang Goethe lässt in Faust (Vor dem Tor) [7]
den Protagonisten klagen:
Und über Flächen, über Seen
Der Kranich nach der Heimat strebt.
Auch die Gedichte Der Kranich
von Nikolaus Lenau, Die Kraniche von N. M. Rubcow und Ewald von Kleists Der
gelähmte Kranich haben diesen Vogel zu Thema.
In Ernst Wiecherts Die
Jeronim-Kinder wird durch den Kranich beschrieben, wie der Eierräuber Gogun
die Gelege und Jungvögel stiehlt, um sie an Gutsbesitzer zu verkaufen. In Viktor
S. Rozows Drama Die ewig Liebenden werden diese Vögel als Motiv beim Tod
des Protagonisten Boris verwendet. In Tschingis Aitmatows Novelle Frühe
Kraniche treten Kraniche als Künder des nahen Frühlings, der Liebe und
Lebensfreude, aber auch als Mahnung gegen Krieg, Entfremdung und Entzweiung
auf. Auch Selma Lagerlöf erwähnt den Kranich in Die wunderbare Reise des
kleinen Nils Holgersson mit den Wildgänsen in einem Kapitel (Der große
Kranichtanz auf dem Kullaberg).
Pine,
Plum and Cranes von
Shen Quan (1759)
In der Oper Aufstieg und Fall
der Stadt Mahagonny von Bert Brecht beschäftigt sich ein Musikstück mit dem
Kranich (Siehst du die Kraniche im hohen Bogen ...).
In der bildenden Kunst ist der
Kranich von der Frühzeit bis in die jüngste Gegenwart zu finden. Er ist sowohl
auf Tafel- und Wandbildern als auch auf Miniaturen und Illustrationen ein
Motiv. Zudem existieren handwerkliche und plastische Werke aus Textil, Keramik,
Holz, Stein, Bronze, Edelmetallen und anderen Materialien. Besonders in Asien
wird dieser Vogel gern auf Bildern wiedergegeben.
In der christlichen Kunst stellt
das Mosaik der Kirche San Marco in Venedig mit anderen Vögeln auf den Einlass
in die Arche Noah wartende Kraniche dar. Auf einem Stich zeigt Albrecht Dürer
Justitia mit dem steintragenden Kranich an ihrer Seite.
Im Film Wenn die Kraniche
ziehen des russischen Regisseurs Michail Kalatosow bilden fliegende
Kraniche das Motiv, wenn es um den Tod des Protagonisten Boris geht.
Der fliegende Kranich ist ein Markenzeichen
moderner Verkehrsmittel. So tragen ihn Automobile der Hispana Suiza, aber auch Fluggesellschaften
wie Japan Air Lines, Uganda Air Lines und Xiamen Air Lines in China. Die Deutsche
Lufthansa verwendet ihn bereits seit 1926 als Firmenzeichen, das 1918 von Otto
Firle in Berlin geschaffen wurde.
Die Einsatzeinheit (EE) der österreichischen
Polizei, welche am Flughafen Wien-Schwechat aus Anlass des dort am 27. Dezember
1985 stattgefundenen Terroranschlages gegründet wurde, trägt ebenfalls den
Namen „EE Kranich“. Der Name wurde wegen der besonderen Wachsamkeit des Vogels
und wohl auch in Assoziation zum Flug gewählt.
http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Kraniche&action=history
http://www.gnu.org/copyleft/fdl.html