Uhu im Flug
Der Uhu ist ein nächtlicher
Jäger, der sich mit der Dämmerung auf Jagd begibt, etwa nach Mitternacht eine
Jagdpause einlegt und dann bis zur Morgendämmerung weiterjagt. Jagdaktivitäten
während des Tages zeigt er nur während Hungerperioden. Bei der Jagd auf
bodenbewohnende Säuger kontrolliert er im Gleit- oder Ruderflug dicht oberhalb
des Erdbodens sein Revier. Jagt er Vögel, fliegt er dagegen in Wipfelhöhe der
Bäume. Bei der Jagd auf Vögel kann er sehr hohe Fluggeschwindigkeiten
erreichen; er ist in der Lage, Raben, Dohlen oder Tauben im Flug einzuholen und
ist wendig genug, um einen Vogel auch in dichtem Baumbestand zu verfolgen. Er
schlägt seine Vogelbeute allerdings bevorzugt dann, wenn sie entweder nachts
auf den Ästen ruht oder wenn sie durch ihn aufgeschreckt auffliegt.
Der Uhu ist auch am Boden ein
geschickter Jäger, der mit weitausholenden Schritten zu jagen vermag. Er ist in
der Lage, eine flüchtende Maus am Boden laufend einzuholen. Er sucht den Boden
jedoch auch nach Schnecken, Regenwürmern und anderen Wirbellosen ab. Uferbereiche
und Gezeitenzonen am Meer werden von ihm nach Krebsen und Fischen abgesucht.
Igel gehören zu
den häufigen Beutetieren von Uhus
Uhus ernähren sich in erster
Linie von kleinen bis mittelgroßen Säugern und Vögeln. Zu seiner Beute zählen
in Mitteleuropa vor allem Igel, Ratten, Mäuse, Kaninchen, Feldhasen, Krähen, Tauben
und Enten sowie auch Aas. In seinen Gewöllen konnten mehr als 50
unterschiedliche Säugetierarten und fast 180 Vogelarten nachgewiesen werden. Das
Beuteschema ist in vielen Regionen Europas umfangreich analysiert worden. Diese
Analysen zeigen, dass der Uhu zwar in der Lage ist, sehr viele Tierarten zu
nutzen, aber in der Regel die Arten bejagt, die in seinem Jagdrevier besonders
häufig vorkommen. So zeigen zum Beispiel Untersuchungen im Burgenland, dass mit
dem allgemeinen Rückgang des Rebhuhns auch der Anteil der Rebhühner bei den von
den Uhus erbeuteten Tieren zurückging.
Uhus können Beutetiere im Flug
wegtragen, die bis zu zwei Drittel ihres Körpergewichts wiegen. Zu ihren
Beutetieren gehören daher gelegentlich auch die bis zu 2,2 kg schwer werdenden Eiderente,
junge Frischlinge, Murmeltiere, junge Füchse oder schwache Rehkitze. Er schlägt
aber auch Graureiher, Habichte und Eulen. Zu den häufig von ihm erbeuteten
anderen Eulenarten gehören Waldkauz und Waldohreule.
Uhu im Winter
Männchen, die noch keine
Partnerin haben, rufen sehr ausdauernd und intensiv. Dabei ist ihre Kehle
gebläht, so dass ein weißer Kehlfleck sichtbar wird. Intensives Rufen hat man
auch bei Uhuweibchen festgestellt, deren Partner verstorben ist und die im
ursprünglichen Revier allein zurückblieben.
Zum Balzverhalten gehört es auch,
dass das Männchen versucht, das Weibchen mit Lock- und Fütterungslauten zum
ausgewählten Nistplatz zu locken. Nimmt das Weibchen den Nistplatz an, beginnt
das Männchen das Weibchen mit Beute zu versorgen, und zwar häufig schon Wochen
vor dem eigentlichen Brutbeginn. Jedes 5. Uhupaar schreitet allerdings nicht
zur Brut – das kann beispielsweise auf nicht ausreichend vorhandene Beute
zurückzuführen sein.
Die Küken schlüpfen nach 34
Tagen. Die Schlupf eines Uhukükens kann bis zu 24 Stunden dauern. Die frisch
geschlüpften Uhus tragen ein weißliches Dunenkleid und wiegen durchschnittlich
60 Gramm. Im Alter von sechs Tagen sind die Nestlinge erstmals in der Lage, auf
ihren Fersen zu hocken, mit 16 Tagen können sie bereits stehen. Der Zeitpunkt,
zu dem die Nestlinge die Nistmulde verlassen und damit zu Ästlingen werden, ist
vom Brutplatz abhängig. In geschützten Felsnischen verbleiben die Junguhus bis
zu 10 Wochen; liegt die Nistmulde dagegen am Boden, wandern die Jungen bereits
mit 3,5 Wochen ab. Sicher gehen, springen und klettern können Uhujunge
allerdings erst mit vier bis fünf Wochen. Die Eltern versorgen ihre
Nachkommenschaft bis zu einem Alter von etwa 5 Monaten. Das erste Lebensjahr
erleben jedoch durchschnittlich nur drei von 10 Junguhus.
Einem ausgewachsenen, gesunden
und flugfähigen Uhu werden andere Beutegreifer nur in Ausnahmefällen
gefährlich. Gefährdet sind dagegen Junguhus. Füchse und Marder beispielsweise
fressen Junguhus, sofern sie diese an ihren Brutplätzen erreichen können. Zu
den Schutzmaßnahmen, die zur Bestandserhaltung ergriffen werden, gehört daher
die Absicherung von Brutplätzen in Steinbrüchen gegen den Zugriff von Füchsen. Bei
den gelegentlich vorkommenden Bodenbruten sind die Gelege sowie die Küken auch
durch Wildschweine gefährdet.
Wenn auch die Sterblichkeitsrate
der Junguhus während ihres ersten Lebensjahres 70% beträgt, können die Uhus,
die diese kritische Phase überleben, ein beachtliches Lebensalter erreichen. Aufgrund
von Beringungen konnte als maximales Lebensalter bisher 27 Jahre bei in freier
Wildbahn lebenden Uhus nachgewiesen werden. Vögel in Volierenhaltung können
erheblich älter werden. Der Methusalem unter den Uhus in Volierenhaltung
erreichte ein Lebensalter von 68 Jahren, allerdings ist ein Alter von 28 bis 34
Jahren typischer für Volierenvögel.
Innerhalb des großen
Verbreitungsgebietes des Uhus haben sich eine Reihe von Unterarten ausgebildet.
Verschiedene Autoren unterschieden bis zu zwanzig Unterarten, die sich in der
Grundfärbung des Gefieders sowie in der Körpergröße zum Teil deutlich
voneinander unterscheiden. Nach neueren Untersuchungen sowohl der Rufe als auch
der DNA werden gegenwärtig 14 Unterarten unterschieden. Da in Teilen Asiens
noch keine vergleichende Untersuchungen durchgeführt wurden, ist die genaue
Anzahl der Unterarten noch offen. Es stellte sich erst kürzlich heraus, das die
Unterart Bubo bubo ascalaphus die in Nordafrika und im Nahen Osten lebt,
eine separate Art (Bubo ascalaphus, Wüstenuhu oder Pharaonenuhu) darstellt. Die
kleinste Unterart Bubo bubo hispanus lebt auf der Iberischen Halbinsel.
Uhu auf der Hand
eines Falkners
Der Uhu weist wie die meisten
anderen Eulenarten ein optisches Erscheinungsbild auf, das von anderen Vögeln erkannt
wird. Auf tagsüber im Versteck entdeckte Eulen reagieren Vögel mit einem
eindeutigen Aggressionsverhalten und versammeln sich in der Nähe eines
Verstecks einer Eule, "hassen" durch lautes Rufen auf den Fressfeind
und fliegen teilweise sogar Angriffe.
Der Mensch hat sich dies immer
wieder zunutze gemacht; beispielsweise wurden Steinkäuze zum Fang von Drosseln
verwendet. Eine der am häufigsten zu solchen sogenannten
"Hüttenjagden" verwendeten Eulenarten war der Uhu. So wurden
beispielsweise allein im Jahre 1914 über eine Ulmer Tierhandlung 83 junge Uhus
verkauft, die vor allem in Süddeutschland ausgehorstet wurden.
Zur Hüttenjagd wurde der Uhu in
der Regel auf einem Baumstumpf vor dem Versteck des Jägers angepflockt. Mit dem
Uhu als Lockvogel wurden beispielsweise Krähen und Greifvögel gejagt. Jäger
zahlten daher attraktive Preise für lebend gefangene oder ausgehorstete Uhus,
was in einigen Regionen dazu führte, dass die Uhubestände dramatisch
zurückgingen.
Bis ins 20. Jahrhundert hinein
galt der Uhu als Jagdschädling, der zu bekämpfen sei. Man sah in ihm einen
Jagdkonkurrenten, der jagdlich attraktive Tiere wie Fasan, Feldhase und Reh zur
Beute hatte. Zum Ende der 1930er Jahre war der Uhu aufgrund der intensiven
Bejagung und der Aushorstung von Junguhus für die Hüttenjagd in weiten
Bereichen seines vormals besiedelten Gebietes in Mittel- und Westeuropa nahezu
vollständig ausgerottet.
Heute haben die meisten Jäger ein
wesentlich realistischeres Bild vom Beuteschema eines Uhus und von seiner Rolle
in einem intakten Biotop. Dies hat ergänzend zu gesetzlichen Schutzmaßnahmen
erheblich zur Wiederansiedelung von Uhus in zwischenzeitlich uhufreien Regionen
beigetragen. Gleichzeitig profitiert der Uhu von einer durch Menschen bedingten
verbesserten Ernährungssituation. Zu seiner Jagdbeute gehören beispielsweise
Ratten auf Müllplätzen, obwohl er hier einer erhöhten Verletzungsgefahr durch
den herumliegenden Müll ausgesetzt ist.
Gefährdungsursache Nummer eins
ist heute der Verkehr. Uhus können die Geschwindigkeit des Straßen- und
Schienenverkehrs nicht zuverlässig einschätzen, Straßen und Schienen sind für
sie vielmehr ein attraktives Jagdgebiet. Hier finden sie verunglückte Tiere,
die leichteste und zugleich gefährlichste Beute, denn der Uhu wird schnell
selbst zum Opfer des Verkehrs. Dass auch Windenergieanlagen am falschen Ort
Uhus gefährlich werden können, zeigen die Funde toter Uhus in Windparks.
Die Gefahr für Uhus, an
Mittelspannungsmasten zu verunglücken, ist bald gebannt. Das Bundesnaturschutzgesetz
verpflichtet die Netzbetreiber, bis 2012 die vorhandenen gefährlichen Masten
und Bauteile so umzurüsten, dass Vögel vor Stromschlag geschützt sind. Manche
Netzbetreiber haben das schon von sich aus getan. Für die Oberleitungen der
Bahn gilt die Umrüstungspflicht leider nicht. Deshalb wird der Uhu auch
weiterhin gerade bei dem in manch anderer Hinsicht umweltfreundlichen Unternehmen
Bahn buchstäblich auf der Strecke bleiben – falls die Bahn sich nicht selbst zu
Gegenmaßnahmen verpflichtet.
Probleme bereiten können den Uhus
auch Klettersportler am falschen Ort und zur falschen Zeit. Sie gehen dort
ihrem Vergnügen nach, wo Uhus seit jeher Sicherheit gerade vor dem Menschen
erwarten: in steilen Felswänden und luftiger Höhe. Ungestörte Felsen sind für
den Uhu ganzjährig überlebenswichtig, vor allem aber während der langen
Brutzeit, die bis zum Selbstständigwerden der Jungen von Februar bis September
reichen kann. Wie schwer die Folgen unbeschränkten Klettersports in
Uhulebensräumen sind, zeigen Beobachtungen der „Gesellschaft zur Erhaltung der
Eulen“ in der Eifel. Dort stürzten immer wieder junge, noch nicht flugfähige
Uhus vom Rummel am Fels aufgeschreckt in den Tod.
Zahmer Uhu bei
einer Falknereivorführung
Der Uhu gehört zu den Vogelarten,
deren ehemalige Besiedlungsgebiete erfolgreich durch Wiederansiedelungen wieder
zu Uhurevieren wurden. Zu den Uhubeständen, die auf diese Weise wieder
begründet wurden, zählen beispielsweise jene im Harz und der Eifel.
Zur Wiederansiedelung werden
unterschiedliche Methoden genutzt. Eine der erfolgreichsten Methoden, die zur
Verstärkung von Restpopulationen genutzt wird, ist die sogenannte
"Adoptionsmethode", bei der nicht erfolgreich brütenden Uhus Eier
oder Jungvögel untergeschoben werden. Die jungen Uhus wachsen dann unter
natürlichen Bedingungen auf und weisen keine Fehlprägungen durch eine Aufzucht
in menschlicher Obhut auf.
Zur Besiedelung neuer Gebiete hat
es sich bewährt, wenn Uhus bei ihren Elternvögeln in Gehegen in der Region
aufwachsen, die sie später besiedeln sollen. Sie werden dann direkt aus dem
Zuchtgehege freigelassen. Diese Methode wird insbesondere im Bayerischen Wald
erfolgreich angewandt, wo Auswertungen verschiedener Wiederansiedelungsweisen
zeigten, dass diese Methode am ehesten sicherstellt, dass die Junguhus im
Gebiet verbleiben.
Wenn auch die
Wiederansiedelungsversuche beim Uhu zum Teil mit großen Erfolgen einhergingen,
werden sie doch von vielen Naturschützern kritisch beurteilt. Kritisch gesehen
wird das in der Öffentlichkeit erzeugte Bild einer wieder reparierbaren Natur.
Die wichtigste Maßnahme zur
Erhaltung der Uhubestände ist die Sicherung der Biotopqualität – beim Uhu ist
dies vor allem der Erhalt vielfältig strukturierter Landschaften. Zu den
Schutzmaßnahmen, die gezielt dem Uhu dienen, gehört die Horstbewachung, die
verhindert, dass brütende Uhus durch Klettersportler und Fotografen an ihrem
Brutplatz so gestört werden, dass sie die Brut aufgeben. Eine weitere Maßnahme
ist die Anpassung von Arbeiten in Steinbrüchen an die Brutzeiten von Uhus sowie
die Absicherung der Brutplätze gegen Füchse, die Junguhus gefährden können.
Das Kinderlied "Ein Vogel
wollte Hochzeit feiern" widmet dem Uhu zwar eine Strophe, dies stellt
kulturgeschichtlich jedoch eher eine Ausnahme dar. Sagen und Märchen erzählen
meist unspezifisch von Eulen und differenzieren selten zwischen den einzelnen
großen Eulenarten. Auch Shakespeare erwähnt Eulen, verzichtet aber gleichfalls
darauf, die Art zu benennen. Aus diesem Grund sind die kulturgeschichtlichen
Besonderheiten im Artikel über Eulen erwähnt.
Martin Luther erwähnt in seiner Übersetzung
des Alten Testaments den Huhu (3. Mose 11, 17) bzw. den Uhu (5. Mose
14, 16) als eine der unreinen Vogelarten, die nicht verzehrt werden sollen. Einige
andere Übersetzungen sprechen in diesen Reinheitsgeboten statt vom Uhu von
anderen Eulenarten; auch die Reihenfolge der genannten Tiere variiert von
Übersetzung zu Übersetzung.
Der 1932 auf den Markt gebrachte
und nach dem Vogel benannte Kunstharzklebstoff Uhu ist in Deutschland und
Österreich so weit verbreitet, dass der Markenname sich in diesen Ländern zu
einem Begriffsmonopol für Alleskleber entwickelte. Der Name bezieht sich nicht
auf spezielle Eigenschaften des Uhus – die Benennung von Markenartikeln nach
Vogelarten war in der deutschen Schreibwarenbranche damals weit verbreitet,
nachdem die 1896 nach dem Wappentier eines Unternehmers benannte Marke Pelikan
sehr erfolgreich war. Der Uhu wurde ausgewählt, da er im dem
Produktionsstandort Bühl nahen Schwarzwald heimisch war. Andere bekannte
Beispiele sind die Marken Marabu (als Alliteration auf den Unternehmernamen
Martz), Schwan-STABILO (nach der Unternehmerfamilie Schwanhäußer) und Greif
(nach dem Wappentier Greifenbergs).
Am 1. Oktober 2004 wurde der Uhu
vom Naturschutzbund Deutschland zum Vogel des Jahres 2005 gekürt.
http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Uhu_%28Vogel%29&action=history
http://www.gnu.org/copyleft/fdl.html