Waldrappen waren bis in die frühe
Neuzeit Teil der mitteleuropäischen Fauna. Als Kulturfolger wanderten diese
Ibisvögel möglicherweise erst mit dem Menschen in größerem Ausmaß in den Alpenraum
ein.
86 n. Chr. berichtet Plinius der
Jüngere über den Präfekten Engatius Calvinus, der den Ibis auch in den Alpen
gesehen haben will.
Bis ins 17. Jahrhundert war der
Waldrapp im Balkan über Ungarn, Italien, Österreich, Schweiz, Süddeutschland,
Nordafrika und dem Nahen Osten verbreitet.
So wurden bei Forschungen zur
Geschichte des Klosters Baumburg in einem Ausgabenbuch von 1441 ff. (Signatur:
KL Baumburg 42) mehrere Belegstellen zum Vorkommen des Waldrappen in dieser
Region ermittelt. Ein weiterer Beleg von 1471 fand sich in KL. Baumburg 43.
fol. 23 r, unter dem Begriff „Steinrabe“. Auch auf einem aus dem 15. Jahrhundert
stammenden Bild „Gebet Christi am Ölberg“ aus der Stiftskirche von Rottenbuch
(Ammertal) ist der Waldrapp abgebildet, und im Refektorium – dem gemeinsamen
Speisesaal der Mönche - des ehemaligen Klosters Murrhardt ist ein altes Fresko
aus dem 14./15.Jhdt erhalten geblieben, das neben anderen Fastenspeisen den
Waldrapp zeigt.
Infotafel über
den Waldrapp am Grazer Schloßberg (zum Vergrößern klicken)
Aus dem 16. Jahrhundert gibt es
weitere Belege für die Existenz des Waldrappen in Mitteleuropa, etwa aus Basel
und Breisach (Oberrhein), vor allem aber in Form von Verfügungen der Obrigkeit
zu seinem Schutz. Als Wappentier der Grazer Stadtpfarre taucht er im Jahre 1560
auf. Auf das Jahr 1582 datiert ist eine Abbildung im Wiener Messbuch Missale
Romanum. Das letzte Bild eines Waldrappen wurde um 1600 von G. Hoefnagel
für Kaiser Rudolf II. angefertigt. Im zweiten Viertel des 17. Jahrhunderts
verschwindet der Waldrapp aus Mitteleuropa. Der genaue Ablauf seines damaligen
Verschwindens ist nicht bekannt. Möglicherweise war eine klimatische
Veränderungen, die so genannte Kleine Eiszeit dafür verantwortlich. Die letzten
Exemplare sollen während des 30-jährigen Krieges im Kochtopf gelandet sein,
wofür es jedoch keine sicheren Belege gibt.
Der Waldrapp wurde zuerst von dem
Zürcher Arzt und Naturforscher Conrad Gesner im Jahre 1557 in seiner
„Geschichte der Tiere“ beschrieben. Er soll auf steilen Felsen und in alten
Gemäuern genistet und in Gärten und Wiesen seine Nahrung gesucht haben. Er sei
schwarz gewesen und habe auf seinem Kopf «streusslin hindersich (nach hinten)
gricht» getragen. Sein Schnabel sei «rotlecht» und lang gewesen und außerdem
«komlech (gut geeignet) im erdtrich zu graben, damit er die verborgenen würmlin
und käferlin härauss ziehe».
Zeitweilig für ein Fabeltier
gehalten, war die Sensation um so größer, als im Jahr 1897 die Vogelkundler Rothschild,
Hartert und Kleinschmidt zweifelsfrei nachwiesen, dass der mittelalterliche
Waldrapp mit dem im Laufe des 19. Jahrhunderts im Nahen Osten und in Nordafrika
entdeckten Schopfibis identisch ist.
Waldrapp in einer
historischen Darstellung
Ein Indiz für historische
Vorkommen sind alte Flur- und Geländenamen. Früher wurden diese
Namensbezeichnungen nach besonderen Merkmalen, u.a. dem Vorkommen bestimmter
Pflanzen oder Tierarten vergeben. "Biberbach",
"Bärenhöhle", "Falkenwand", "Gemskopf",
"Wolfsschlucht" oder auch "Föhrenkopf" und
"Birkkar" sind solche eingängige Namensbezeichnungen. Noch heute
verweisen in den bayerischen Voralpen (und nicht nur dort) Gelände- und
Flurnamen auf frühere Vorkommen des Waldrappen: Rappenköpfe, Rappenspitze,
Rappenklamm, Rappenschrofen, Rappenbach, Rabenkopf und Rappinschlucht, allesamt
im Isarwinkel und Loisachtal. Eine besondere Häufung von Rappennamen findet
sich am Nordrand der Alpen von der Isar an westwärts bis zum Alpenrhein und im Südschwarzwald,
also in der Region, die Gesner als Heimat des Waldrapp bezeichnet.
Wenn die Bezeichnungen, die auf Krähen
- einem Vogel der offenen Landschaften - auf Alpendohle, Alpenkrähe als
Bewohner der Gipfelregionen der Alpen oder dem Kolkraben zurückgehen könnten,
aussortiert werden, dann verbleibt ein großer Teil von Namen, die sich nicht
mit anderen Namensgebern erklären lassen. Wenn dann noch alte Darstellungen aus
dem Umfeld dieser Örtlichkeit den Waldrapp zeigen und die bekannten
Habitatansprüche des Waldrapp erfüllt werden, kann angenommen werden, dass es
sich bei den so festgestellten Örtlichkeiten um historische Waldrapphabitate
handelt.
Für solche frühere Habitate des
Waldrappen wird über eine Habitatevaluation zur Erforschung einer später
möglichen Wiederansiedlung nachgedacht.
Nahaufnahme eines
Waldrapps
Von der Spätantike bis in die
frühe Neuzeit war der Waldrapp nicht nur in ganz Nordafrika und dem Nahen Osten
verbreitet, sondern kam auch in Italien, auf dem Balkan bis nach Ungarn und
weiter bis in den Alpenraum und nach Süddeutschland vor.
Es handelt sich beim Waldrapp um
eine im südlichen Europa durchaus alteingesessene Vogelart. Sie siedelte im
plio-pleistozänen Übergang, vor ca. 1 Million Jahren, in Spanien, später fehlen
jedoch sichere pleistozäne Nachweise. Ein unmittelbarer pliozäner Vorfahre ist
aus Bulgarien bekannt geworden, ein bereits miozäner Vertreter (vor ca. 12
Millionen Jahren) der Gattung aus Südfrankreich. Da es weltweit nur diese
wenigen vorholozänen Nachweise gibt, deren jüngste wiederum wenigstens ca. 1
Million Jahre vor dem Holozän zu datieren sind, muss man die Art sicherlich zur
angestammten Avifauna Europas zählen, vermutlich im Sinne einer
circummediterranen Art.
Heute gibt es nur noch wenige
Vorkommen:
In Zoos gibt es aber wieder mehr
als 2000 Tiere (2005), die sich auch gut fortpflanzen, so dass genügend Tiere
zur Auswilderung zur Verfügung stehen.
Waldrapp in
Freiheit in Marokko
Aufgrund der Zuchterfolge in Zoos
stehen heute genügend Tiere zur Auswilderung zu Verfügung. Vom Konrad-Lorenz-Institut
in Grünau im Almtal in Österreich wurde ein Auswilderungsprojekt für Österreich
und Italien gestartet.
Leider gab es in diesem Projekt
anfänglich verschiedene Probleme, etwa dass die Prägephase für die Ersatzeltern
verpasst wurde, dass die menschlichen Ersatzeltern keine Leichtflugzeuge
steuern konnten und man auf zu schnelle Zweisitzer ausweichen musste sowie
diverse technische und organisatorische Pannen. Nach einer ersten Migration mit
sieben Vögeln im Jahre 2004 konnte das Waldrappteam im Folgejahr 2005 mit
erneut sieben handaufgezogener Waldrappen in die WWF Oasis Laguna di Orbetello
führen; seit 350 Jahren sind Waldrappe nun erstmals wieder von Mitteleuropa in
ein Wintergebiet geflogen. Dies zeigt, dass einer Wiederansiedlung der
Waldrappe im nördlichen Voralpengebiet, also dem historischen
Verbreitungsgebiet in Mitteleuropa, keine unüberwindlichen Hindernisse entgegen
stehen würden.
Ein weiteres Auswilderungsprojekt
läuft in Mezguitem in Marokko, wo bis 1985 Waldrappen brüteten und bis 1995
vorkamen. 2001 sind dort bereits die ersten Jungvögel geschlüpft.
Auch in Spanien läuft seit dem
Jahre 2003 ein fünfjähriges Auswilderungsprojekt. In La Janda in Andalusien in
der Nähe von Cádiz wurden im Dezember 2004 21 Tiere ausgewildert.
Der Waldrapp war wahrscheinlich
das Vorbild für klassische Karnevalsmasken in Venedig, die mit ihrem langen,
roten, gebogenen Schnabel an den Waldrapp erinnern.
Wikipedia
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