Kappensturmtaucher
aus der Ordnung der Röhrennasen
Die stammesgeschichtlichen
Verwandtschaftsverhältnisse der Pinguine sind umstritten. Als vergleichsweise
sicher gilt, dass sie von einer Gruppe von Seevögeln abstammen, die sich wohl
in der frühen Kreidezeit von den anderen Vogelgruppen trennte und zu der heute
die Seetaucher (Gaviiformes), Röhrennasen (Procellariiformes), Ruderfüßer
(Pelecaniformes) und vielleicht die Lappentaucher (Podicipediformes) gezählt
werden.
Morphologische Analysen weisen
Pinguine als Schwestergruppe eines Taxons aus See- und Lappentauchern aus:
|--N. N.
| |--Röhrennasen (Procellariiformes)
| '--Ruderfüßer (Pelecaniformes)
|
'--N. N.
|--N. N.
| |--Seetaucher (Gaviiformes)
| '--Lappentaucher (Podicipediformes)
|
'--Pinguine (Sphenisciformes)
Molekulargenetische Ergebnisse
sehen dagegen Seetaucher und Röhrennasen als engste Verwandte an; falls
letztere keine natürliche Gruppe bilden, sind sogar vielleicht die Albatrosse
die den Pinguinen nächststehenden Vögel:
N. N.
|--Ruderfüßer (Pelecaniformes)
'--N. N.
|--N. N.
| |--Seetaucher (Gaviiformes)
| '--Röhrennasen (Procellariiformes)
|
'--N. N.
|--Pinguine (Sphenisciformes)
'?-Albatrosse (Diomedeidae)
Die seit dem frühen Tertiär
bekannten Fossilien geben nur wenig Einblick in die stammesgeschichtlichen
Verwandtschaftsverhältnisse, da schon die frühen Pinguine sich sehr deutlich
von allen anderen Vögeln abheben. Allerdings erinnert das Flügelbein
(Pterygoid) der ausgestorbenen Gattung Paraptenodytes an den
entsprechenden Knochen der Röhrennasen und der lange, spitze Schnabel der
Gattung Palaeeudyptes weist Ähnlichkeiten mit den Schnäbeln der
Seetaucher auf. Letztere können wie die Pinguine unter Wasser tauchen, erhalten
ihren Vortrieb aber durch die Füße und nicht durch Flossen. Es gibt jedoch
fossile Hinweise darauf, dass die Vorfahren der Seetaucher sich unter Wasser
wie die heutigen Pinguine mit Hilfe ihrer Flügel fortbewegten.
Wie die Erscheinungsform der
Pinguine entstand, ist unbekannt: Die ersten Pinguinfossilien, die aus dem Eozän
vor 55 Millionen Jahren erhalten sind und auf der vor Antarktika gelegenen Seymour
Island gefunden wurden, zeigen schon die typischen Pinguinmerkmale.
Zwergpinguine
Klar ist, dass die Pinguine von
fliegenden Vögeln abstammen, die wohl wie die heutigen Seetaucher bereits unter
Wasser jagen konnten. Der Flug in Luft und das Schwimmen unter Wasser stellen
aber sehr unterschiedliche Ansprüche an den Vogelflügel – als Folge können die
fliegenden und tauchenden Vorfahren der Pinguine wenig größer als etwa
die heutigen Zwerg- oder Brillenpinguine gewesen sein. Daraus ergibt sich ein –
hypothetisches – Szenario, nach dem die Pinguine von einer Population kleiner
standorttreuer Meeresvögel abstammen, die bei Wassertemperaturen oberhalb von
etwa 15 Grad Celsius in küstennahen Gewässern der Subtropen oder gemäßigten
Zone lebten und wie zum Beispiel die Galápagos-Pinguine auf isolierten Inseln
nisteten. Im Zuge einer immer besseren Anpassung an das Meer bildeten sich ihre
Flügel immer weiter zu Flossen um, während die Beine nach hinten wanderten, um
den Strömungswiderstand beim Schwimmen zu verringern. Mit der Spezialisierung
auf den Lebensraum Meer und zunehmender Körpergröße ging zwar gleichzeitig ein
Verlust der Flugfähigkeit einher und der durch die zurückgesetzten Beine
erzwungene Watschelgang an Land gefährdete die Tiere theoretisch auch an Land;
dies war jedoch bei Abwesenheit von Fressfeinden kein evolutionärer Nachteil.
Das genaue Gebiet, in dem die
Entwicklung der Pinguine stattfand, lässt sich heute nicht mehr rekonstruieren,
hypothetisch werden aber sowohl Neuseeland als auch die damals noch wesentlich
wärmere Antarktis in Betracht gezogen. Unbestritten ist nur, dass die Pinguine
auf der Südhalbkugel entstanden sind, da kein einziges Fossil nördlich des
Äquators gefunden werden konnte. Warme äquatoriale Meeresströmungen stellten in
der Folgezeit dann anscheinend eine unüberwindliche Barriere für die Vögel dar;
daneben wird auch die hohe Zahl schneller Raubfische in tropischen Breiten wie
etwa Haien als Ursache dafür in Betracht gezogen, dass die Pinguine nie den
Äquator überschritten haben.
Die weitere stammesgeschichtliche
Entwicklung lässt sich nur grob nachvollziehen, auch wenn bis zu Beginn des 21.
Jahrhunderts mindestens siebzehn fossile Gattungen beschrieben wurden. Kein
vollständiges Skelett ist erhalten, die meisten Fossilien stammen zudem von großen
Vögeln; dies ist vermutlich nur ein Auswahleffekt, der sich durch die
wesentlich bessere Fossilisierung ihrer Knochen erklären lässt und wohl keine systematische
Bedeutung hat.
Die höchste Artenvielfalt der
Pinguine wurde im Tertiär, insbesondere in den erdgeschichtlichen Epochen des Oligozäns
und frühen Miozäns erreicht. Zu dieser Zeit lebten auch die größten Pinguine,
die eine Körperlänge von bis zu 1,70 Metern erreichten. Eine dieser Arten war
beispielsweise Pachydyptes ponderosus. Warum die Riesenpinguine
schließlich im Miozän ausstarben, ist unbekannt; spekulativ wird die zunehmende
Konkurrenz durch Robben (Pinnipedia) und Wale (Cetacea) angeführt: Die
Riesenpinguine brauchten zum Tragen des Körpergewichts bei ihren regelmäßigen
Landgängen sehr große Beine und Füße, die im Meer nutzlos mitgeschleppt werden
mussten – anders als bei den vollständig meereslebenden Säugetieren, die ihre
Hintergliedmaßen zu Flossen umbilden oder gleich ganz aufgeben konnten.
Etwas früher, vor etwa 25
Millionen Jahren, am Wendepunkt von Oligozän und Miozän, begann auch die durch
die Öffnung der Drake-Passage zwischen der Antarktis und Südamerika ausgelöste
Bildung des kalten Zirkumpolarstroms, der Antarktika klimatisch isolierte und
so eine Absenkung der Wassertemperaturen um mehr als zehn Grad herbeiführte. Als
bereits wasserlebende und daher gut wärmeisolierte Tiere waren die Pinguine auf
diesen Temperatursturz verhältnismäßig gut vorbereitet, so dass man von Exaptation
sprechen kann, in diesem Fall der Nutzbarmachung einer für eine bestimmte
ökologische Nische entwickelten Merkmalskombination für eine andere Nische.
Die modernen Pinguingattungen
tauchen erst im Pliozän vor drei Millionen Jahren auf.
Wikipedia
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