Rothirsch (Cervus
elaphus)
Klasse: |
Säugetiere
(Mammalia) |
Unterklasse: |
Höhere
Säugetiere (Eutheria) |
Überordnung: |
Laurasiatheria |
Ordnung: |
Paarhufer
(Artiodactyla) |
Unterordnung: |
Wiederkäuer
(Ruminantia) |
Familie: |
Hirsche |
Wissenschaftlicher
Name
Cervidae
Goldfuss 1820
Unterfamilien
Die Hirsche
(Cervidae) sind eine Säugetierfamilie aus der Ordnung der Paarhufer
(Artiodactyla). Die Familie umfasst rund 45 Arten, von denen unter anderem der
Rothirsch, das Reh, das Ren und der Elch auch in Europa verbreitet sind.
Auffälligstes Kennzeichen der Hirsche ist das Geweih, das viele verschiedene
Formen aufweisen kann und in der Regel nur von Männchen getragen wird.
Die Größe der Hirsche variiert
erheblich: die Kopfrumpflängen schwanken zwischen 0,7 und 2,9 Metern, die
Schulterhöhe zwischen 30 und 190 Zentimeter und das Gewicht zwischen 7 und 800
Kilogramm. Der größte lebende Vertreter ist der Elch, der kleinste der Südliche
Pudu. Bei den meisten Arten herrscht ein Geschlechtsdimorphismus hinsichtlich
der Größe vor, das heißt dass Männchen deutlich größer und schwerer werden als
Weibchen.
Auch die Körperform ist variabel,
neben schlanken Hirschen gibt es auch relativ gedrungene Vertreter, die Beine
sind allerdings stets schlank und vergleichsweise lang. Der Schwanz ist meist
nur ein kurzer Stummel. Das Fell der meisten Arten ist braun oder grau gefärbt;
einige Hirsche haben ein gepunktetes Fellkleid, das auch die Jungtiere der
meisten Arten aufweisen.
Hirsche haben wie alle
Wiederkäuer einen vierkammerigen Magen, der es ihnen durch mikrobielle Verdauung
ermöglicht, die Pflanzennahrung aufzuschließen.
Kennzeichnend für die meisten
männlichen Hirsche ist das Geweih, das dem Imponiergehabe und Kämpfen um das
Paarungsvorrecht dient. Dieses wächst aus zapfenförmigen Knochengebilden („Rosenstöcken“)
am Stirnbein (Os frontale) und besteht im Gegensatz zu den Hörnern der
Hornträger aus Knochensubstanz. Die Form des Geweihs hängt vom Alter und der
Art ab, bei manchen Arten sind es einfache, spießförmige Gebilde, bei anderen
weist es weitverzweigte oder schaufelförmige Strukturen auf.
Während der Wachstumsphase wird
das Geweih durch eine kurzbehaarte Haut, Bast genannt, mit Blut versorgt.
Sobald es seine volle Größe erreicht hat, wird diese Haut abgestreift, danach
wird das Geweih nicht mehr mit Blut versorgt und ist auch schmerzunempfindlich.
Es wird jedes Jahr nach der Paarungszeit abgestoßen und anschließend neu
gebildet. Bei Arten mit fester Paarungszeit fällt dieses Abstoßen in einen
bestimmten Zeitpunkt (bei den europäischen Arten im Spätwinter oder Frühling);
bei Arten in tropischen Regionen gibt es keinen festen Zeitpunkt hierfür.
Ausnahmen von diesen Schema
bilden lediglich das Wasserreh, das nie ein Geweih hat, sowie das Ren, bei dem
beide Geschlechter ein Geweih tragen.
Das Gesicht der Hirsche ist
langgestreckt, die Ohren sind groß und aufgerichtet. Der Tränen-Nasen-Gang (Ductus
nasolacrimalis) ist gegabelt, am Vorderrand der Augenhöhle (Orbita)
liegen zwei Tränenlöcher (Foramina lacrimalia). Die oberen Schneidezähne
fehlen stets, im Unterkiefer sind pro Kieferhälfte drei vorhanden. Der obere
Eckzahn ist bei Arten mit fehlendem oder kleinem Geweih (Wasserrehe, Muntjaks)
vergrößert und ragt hauerartig aus dem Maul, bei den übrigen Arten ist er
verkleinert oder fehlt ganz. Der untere Eckzahn ähnelt den Schneidezähnen. Pro
Kieferhälfte sind drei Prämolaren und drei Molaren vorhanden, die eher
niederkronig sind. Daraus ergibt sich eine Zahnformel von 0/3 0-1/1 3/3 3/3,
insgesamt also 32 bis 34 Zähne.
Wie bei allen Paarhufern liegt
die Mittelachse des Beins zwischen der dritten und vierten Zehe, die vergrößert
sind und als einzige den Boden berühren. Die erste Zehe fehlt völlig, die
zweite und fünfte Zehe sind stark verkleinert und berühren als sogenannte
Griffelbeine den Boden nicht mehr. Der Grad der Reduktion der zweiten und
fünften Zehen ist ein wichtiges Kriterium zur Unterscheidung der Unterfamilien:
Echte Hirsche (Cervinae) und Muntjakhirsche (Muntiacinae) sind
„Plesiometacarpalia“, das heißt dass nur die proximalen (am Fuß anliegenden)
Teile der 2. und 5. Zehen vorhanden sind. Trughirsche und Wasserrehe sind
„Telemetacarpalia“ , das heißt das nur die distalen (vom Fuß entfernten)
Knochen dieser Zehen vorhanden sind. Mittelhand- und Mittelfußknochen sind zum so
genannten Kanonenbein verwachsen. Bei den meisten Arten sind Drüsen zwischen
den Zehen (Interdigitaldrüsen) vorhanden.
Das natürliche Verbreitungsgebiet
der Hirsche umfasst weite Teile Eurasiens und Amerikas. In Afrika kommen sie
nur im nordwestlichen Teil vor, in den Gebieten südlich der Sahara fehlen sie.
Vom Menschen wurden sie in einigen Regionen eingeführt, in denen sie nicht
heimisch waren, darunter in Australien, Neuseeland, Neuguinea und auf einigen
Karibischen Inseln.
Hirsche bewohnen eine Vielzahl
von Lebensräumen. Sie finden sich in Wüsten, Grasländern, Sumpfgebieten,
Wäldern und in der arktischen Tundra.
Einige Arten sind Einzelgänger,
die meisten Arten leben jedoch in Gruppen, deren Größe nach Art und Lebensraum
variieren kann. Vielfach sind dies Haremsgruppen, bei denen ein Männchen
mehrere Weibchen und den gemeinsamen Nachwuchs um sich schart und keine
männlichen Nebenbuhler neben sich duldet. (Aufgrund dieses Verhaltens ist der
„Platzhirsch“ sprichwörtlich geworden.) Dementsprechend herrscht ein polygynes
Paarungsverhalten vor, das heißt ein Männchen paart sich mit mehreren Weibchen.
In der Paarungszeit tragen die Männchen oft Kämpfe um das Paarungsvorrecht aus.
Diese Kämpfe werden mit den hauerartigen Eckzähnen oder dem Geweih ausgetragen,
dessen jährliches Wachstum wie oben erwähnt mit der Paarungssaison korreliert.
Zur Kommunikation mit Artgenossen und zur Markierung des Reviers werden Sekrete
der Drüsen am Kopf und an den Füßen und auch Urin eingesetzt.
In tropischen Regionen kann die
Paarung das ganze Jahr über erfolgen, in den gemäßigten Regionen findet diese
meist im Herbst oder Winter statt. Die Tragzeit beträgt üblicherweise sechs bis
neun Monate, das Reh ist die einzige Art, von der eine Keimruhe bekannt ist.
Die Wurfgröße liegt meist bei einem oder zwei, manchmal auch drei oder vier
Jungtieren. Diese sind Nestflüchter und tragen meist ein geflecktes Fellkleid.
Hirsche sind Pflanzenfresser, die
sich von unterschiedlichen Pflanzenteilen wie Gräsern, Blättern, Rinde, Knospen
und Zweigen ernähren. Im Vergleich zu den Hornträgern bevorzugen sie generell
eher weichere Pflanzennahrung.
Schon seit der Frühzeit wurden
Hirsche vom Menschen aus verschiedensten Gründen gejagt. Dazu zählt einerseits
der Nutzen, indem ihr Fleisch gegessen und ihr Fell verarbeitet wird.
Andererseits ist es oft eine Jagd aus rein sportlichen Gründen, von der
hauptsächlich die Männchen ihres Geweihes wegen betroffen sind. Eine Art, das
Ren, wurde domestiziert und dient nicht nur als Fleisch- und Felllieferant,
sondern wird auch als Milch- und Lasttier gehalten. Als Jagd- und Parktier
wurden mehrere Arten in anderen Regionen eingeführt, so finden sich heute
beispielsweise Damhirsche in Nord- und Mitteleuropa, Wasserrehe in Westeuropa
und Rothirsche in Australien und Neuseeland.
Dieser Vergrößerung des
Verbreitungsgebietes einiger Arten steht die Bedrohung von etlichen Arten
gegenüber, die einerseits in der Jagd und andererseits in der Zerstörung ihres
Lebensraumes liegt. Eine Art, der Schomburgk-Hirsch, ist im 20. Jahrhundert
ausgestorben, eine zweite Art, der Davidshirsch, entging diesem Schicksal nur
durch die Nachzucht in europäischen Gehegen, gilt aber immer noch als vom
Aussterben bedroht. Die IUCN listet vier Arten als stark gefährdet (endangered)
und sechs Arten gefährdet (endangered), für einige Arten fehlen
allerdings genaue Daten [1].
Statue der Göttin
Artemis mit einem Hirschen
Hirsche flossen auch in
verschiedensten Völkern in die Mythologie und Kultur ein. Schon in
paläolithischen Felszeichnungen werden sowohl die Tiere als auch Personen mit
Hirschgeweih dargestellt. In der Keltischen Mythologie stellt Cernunnos eine
Verkörperung des „Hirschgottes“ dar, ein Typus, der sich auch in anderen
Religionen findet. In der griechischen Antike war der Hirsch der Jagdgöttin
Artemis heilig. Eine solche Hirschkuh erlegte Agamemnon in Aulis, worauf
Artemis eine Windstille schickte und als Sühneopfer Agamemnons älteste Tochter
Iphigenia forderte. Eine andere heilige Hirschkuh war die Kerynitische
Hirschkuh, die ein goldenes Geweih hatte und in Arkadien lebte. Herakles musste
sie als dritte Aufgabe lebend fangen. Auch die nordische Mythologie kennt
Hirsche, so fressen vier dieser Tiere die Knospen der Weltesche Yggdrasil.
Im christlichen Kontext findet
sich der Hirsch in Folge des Psalmverses 42,2 („Wie der Hirsch lechzt nach
frischem Wasser, so lechzt meine Seele, Gott, nach dir.“) als Darstellung der
nach Heil suchenden oder in der Taufe geretteten Seele. Heiligenlegenden
erzählen von Begegnungen mit Hirschen mit einem Kruzifix im Geweih, so bei den
Heiligen Eustachius oder Hubertus von Lüttich.
Im außereuropäischen Bereich
erscheinen Hirsche unter anderem im Shintō, wo sie als göttliche Boten
gelten und beispielsweise um den Kasuga-Schrein gehalten werden. Auch in der
Mythologie der Indianer spielen Hirsche - vorrangig Wapitis - eine Rolle und
werden mit Eigenschaften wie Sanftmütigkeit und Dankbarkeit in Verbindung
gebracht.
Das Wort „Hirsch“ geht auf die
indogermanische Wurzel *ker zurück, was „Horn“ oder „Geweih“ bedeutet.
Die Benennung der Geschlechter ist nicht eindeutig. Bei Arten, deren Name auf
„-hirsch“ endet, werden Weibchen oft Hirschkuh genannt, veraltete Bezeichnungen
dafür sind Hinde oder Hindin. Jungtiere werden als Hirschkalb, Männchen
manchmal als Bulle bezeichnet. Bei den als „Rehe“ bezeichneten Hirscharten
tragen Männchen hingegen die Bezeichnung Bock, Weibchen heißen Ricke oder Geiß
und Jungtiere Kitz. Für Rentiere wiederum werden manchmal die samischen
Bezeichnungen Sarves für das Männchen und Vaia für das Weibchen verwendet.
Der
Weißwedelhirsch ist einer der bekanntesten Trughirsche Amerikas
Die Hirsche sind eine der sechs
lebenden Familie der Wiederkäuer (Ruminantia). Während die Monophylie (die
gemeinsame Abstammung von einem Vorfahren) der Wiederkäuer weitgehend außer
Zweifel steht, sind die Verhältnisse innerhalb dieser Gruppe ungeklärt. Bis vor
kurzem wurden die Hirsche mit den Moschushirschen (Moschidae) und dem isoliert
dastehenden Gabelbock (Antilocapridae) zur Überfamilie der Cervoidea
(Hirschartigen) zusammengefasst. Jüngere molekulargenetische Untersuchungen
widersprechen dem jedoch und stellen als Schwestergruppe der Hirsche ein
gemeinsames Taxon aus Moschushirschen und Hornträgern (Bovidae) fest [2].
Unumstritten ist diese neue Sichtweise jedoch nicht.
Die Hirsche werden meist in vier
Unterfamilien unterteilt, die sich unter anderem in der Anordnung der
reduzierten Zehen (siehe oben), im Geweih und in Details des Schädelbaues
unterscheiden.
Skelett des
eiszeitlichen Hirschen Megaloceros
Die systematischen Verhältnisse
zwischen den einzelnen Unterfamilien sind nicht restlos geklärt. Traditionell
wurde das geweihlose Wasserreh als urtümlichster Vertreter den anderen Hirschen
gegenübergestellt. Muntjak- und Echte Hirsche bilden mit ziemlicher Sicherheit
eine gemeinsame Abstammungslinie, was auch durch die plesiometacarpale
Zehenstellung (siehe oben) unterstützt wird. (Manchmal werden sie sogar in
einer gemeinsamen Unterfamilie zusammengefasst.) Die Trughirsche könnten
paraphyletisch in Bezug auf das Wasserreh sein, so ergeben molekulargenetische
Befunde, dass das Reh näher mit dem Wasserreh als mit den amerikanischen
Trughirschen verwandt ist. Diese neue Systematik ist aber noch umstritten und
noch nicht etabliert, deshalb wird hier an der traditionellen Einteilung
festgehalten.
Die ersten Fossilienfunde der
Hirsche stammen aus dem frühen Oligozän aus Asien. Von hier verbreiteten sie
sich im frühen Miozän nach Europa und Nordamerika. Südamerika erreichten sie
erst in erdgeschichtlich sehr junger Zeit, als sich vor 3 Millionen Jahren die
Landverbindung des Isthmus von Panama schloss. Aus dem Pleistozän sind aus
Europa einige Vertreter mit auffallend großem Geweih bekannt, darunter Eucladoceros
und der „Riesenhirsch“ Megaloceros - der zwar von der Körpergröße einem
großen Elch vergleichbar war, aber ein deutlich breiteres Geweih als alle heute
lebenden Hirscharten hatte.
Wikipedia
http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Hirsche&action=history
http://www.gnu.org/copyleft/fdl.html