Typisches
Verhalten eines Hengstes in Anwesenheit rossiger Stuten; so gen. Flehmen
Das Pferd ist ein typisches Herdentier.
Innerhalb der Herde herrscht eine klar festgelegte Rangordnung. Eine Herde
besteht in freier Wildbahn aus mehreren Stuten - darunter auch die Leitstute -
und ihren Fohlen und einem Leithengst. Die Leitstute führt die Herde zu den
Fressplätzen / Tränken und bestimmt, wann es Zeit ist aufzubrechen und wohin es
geht. Sie ist manchmal ein eher unscheinbares Tier, das sich etwas weiter weg
von der Herde aufhält. Der Leithengst hingegen ist ein imposantes und von vielen
Rangkämpfen gezeichnetes Tier. Er ist für den Schutz seiner Herde vor
Fressfeinden und für die Weitergabe seiner eigenen Gene zuständig. Bei einer
Flucht läuft die Leitstute voran und der Leithengst hinter der Herde, um
zurückbleibende Tiere vorwärts zu treiben. In der Regel bleiben Stuten in einer
Herde zusammen, junge Hengste werden dagegen mit dem Erreichen der
Geschlechtsreife vom Leithengst aus der Herde getrieben und bilden dann
Jungverbände. In diesen messen sie ihre Kräfte gegeneinander, um eines Tages
eine eigene Herde zu erobern, indem sie den Leithengst zu einem Kampf
herausfordern und besiegen. Manchmal werden einzelne Stuten aus einem
bestehenden Herdenverband herausgelöst und bilden mit einem jüngeren Hengst
eine neue Herde.
Als Steppenbewohner ist das Pferd
im Gegensatz zum Esel ein Fluchttier, das Gefahren instinktgesteuert
zuallererst durch schnelle Flucht abzuwenden versucht.
In der Haltung als Haus- oder Nutztier
sind vor allem Stuten und Wallache verbreitet, die sich in den meisten Fällen
problemlos in einem mehr oder weniger großen Herdenverband einfügen. Hengste
gelten wegen ihres starken Geschlechtstriebs und manchmal auch wegen ihrer
hormonbedingten Aggressivität als schwer berechenbar. Wittert der Hengst eine
rossige Stute, versucht er meist alles, um zu ihr zu gelangen - bei
unangepasster Einzäunung der Weide oder des Stalls ziehen sich Hengste dabei
oftmals Verletzungen zu. Sie werden deshalb meist auf eigenen Weiden oder in
abgetrennten Ställen gehalten.
Reitpferde auf
einer Weide
Das Wildpferd, die Stammform des
Hauspferdes, wurde wahrscheinlich um 3000 v. Chr. erstmals in Zentralasien domestiziert,
einige Autoren gehen von einer Domestikation bereits im 5. Jahrtausend v. Chr. aus.
Es gibt einander widersprechende Theorien, wann und wo genau das Pferd vom
Menschen nutzbar gemacht wurde. Letzte Untersuchungen, die auf der Auswertung
der mitochondrialen DNA von heutigen Hauspferden und von Fossilien
ausgestorbener Arten beruhen, deuten darauf hin, dass die Domestikation des
Pferdes nicht an einem Ort, sondern unabhängig voneinander an mehreren Orten
stattgefunden hat. Wesentliches Indiz hierfür ist die Breite der genetischen
Variationen, die in beiden Testgruppen gleich groß ist. Bei nur einem
Domestikationsort wäre bei den Hauspferden eine geringere genetische
Variationsbreite zu erwarten gewesen. Zudem wurde bei diesen Tests
festgestellt, dass einige der ausgestorbenen Arten näher mit heutigen Arten
verwandt waren, als einige heutige Arten untereinander.
Untersuchungen an mitochondrialer
DNA haben 2002 gezeigt, dass es zumindest 77 Stammtypen an Stuten gab, was
darauf hindeutet, dass verschiedene Wildpferdepopulationen in unterschiedlichen
Regionen der Erde unabhängig voneinander domestiziert worden sind, erheblich
mehr als bei anderen Haustierarten.
Nach einer Theorie für die
Abstammung des Hauspferdes, die u.a. von den Hippologen Ewart, Speed,
Skorkowski, Ebhardt und Schäfer vertreten wird, soll es am
Beginn der Domestizierung vier Urtypen gegeben haben aus denen die heutigen
Hauspferde- und Ponyrassen hervorggangen sind. Die Therorie stützt sich auf
röntgenologische Untersuchungen, archäologische Vergleiche und die Beobachtung
von Verhaltensweisen. Die vier Urtypen gehen nach dieser Theorie auf
verschiedene Wildpferdunterarten, wie Tarpane, Przewalskipferde und Kreuzungen
zwischen beiden zurück. Sie können in zwei Pony- und zwei Pferdetypen
unterteilt werden, und werden meist als Typ 1 bis Typ 4 bezeichnet:
Rückepferde bei
der Waldarbeit im Siebengebirge
Die Domestikation des Pferdes
brachte den Völkern einen außerordentlichen Vorteil. Weite Strecken waren in
viel kürzerer Zeit zu überwinden, was das Aufrechterhalten großer Reiche
einfacher machte. Des Weiteren wurden sie, wie vielfach auch heute noch, als
Fleischlieferant genutzt und leisteten als wertvoller Helfer in kriegerischen
Auseinandersetzungen gute Dienste. Neue Angriffs- und Kriegstechniken waren
erst durch das Pferd möglich.
Die frühen Großreiche der Assyrer
und Hethiter, sowie die Hurriter im Mitanni-Staat profitierten von der
Nutzbarmachung des Pferdes im Krieg. Um das Jahr 1700 v. Chr. fielen die Hyksos
in Ägypten ein, ein nomadisches Volk unbekannter Herkunft. Den Ägyptern waren
Pferde bis dahin unbekannt, und sie waren den Hyksos im Kampf so weit
unterlegen, dass diese Ägypten erobern konnten.
Oft wird Dereivka in der Ukraine
als ältester Beleg für die Pferdedomestikation genannt. David Anthony hatte
dort an Funden von Pferdezähnen der Sredny-Stog-Kultur um 4000 v. Chr. Abnutzungsspuren
gefunden, die auf den Gebrauch von Zaumzeug zum Reiten hinwiesen (Lit.:
Anthony, 1986, 1991). Neuere AMS-Daten zeigen jedoch, dass das betreffende Tier
wahrscheinlich aus der Eisenzeit stammt.
Die frühen nomadischen Völker
Zentralasiens, aus denen später viele Reitervölker hervorgingen, erfanden
bereits im dritten vorchristlichen Jahrtausend den Sattel und das Zaumzeug. Später
berichtete der griechische Historiker Strabon über die außerordentlichen
Reitkünste der Skythen.
Aus Europa sind Pferdereste seit
der Altsteinzeit belegt und brechen auch nach der Wiederbewaldung nach der
letzten Eiszeit nicht ab. Ab wann das Pferd in Europa domestiziert wurde, ist
wegen der schwierigen Unterscheidung zwischen Haus- und Wildtierknochen
umstritten.
Bei Ergolding, Landkreis
Landshut, wurde zusammen mit Keramikresten eine knöcherne Pferdetrense
gefunden, die auf 1400 v. Chr. datiert werden konnte, ein ähnliches Objekt
stammt aus Füzesabony in Ungarn (1500 v. Chr.). Dieser Fund ist der erste
Hinweis für die nun kommende Zeit des Pferdes und der Reiter. In der
Urnenfelderzeit (ca. 1300/1200 - 800/750 v. Chr.) finden sich sodann die berühmten
Wagengräber, bisher z. B. St. Winghardt, ein Wagengrab der späten Bronzezeit
von Poing. Somit lässt sich die Verwendung des Hauspferdes in Süddeutschland in
die Urnenfelder- oder Jüngere Bronzezeit datieren.
Aus keltischen Heiligtümern sind
Belege für Pferdeopfer bekannt (z. B. Gournay-sur-Aronde, Frankreich).
Bei den Germanen dienten Pferde
als Orakel, ein Brauch, der auch von den frühmittelalterlichen Slawen belegt
ist (Arkona). In Tacitus' Germania (ca. 98 n. Chr.) ist folgendes über
Pferde bei den Germanen vermerkt:
„Und der verbreitete Brauch, Stimme und Flug von
Vögeln zu befragen, ist auch hier bekannt; hingegen ist es eine germanische
Besonderheit, auch auf Vorzeichen und Hinweise von Pferden zu achten. Auf
Kosten der Allgemeinheit hält man in den erwähnten Hainen und Lichtungen Schimmel,
die durch keinerlei Dienst für Sterbliche entweiht sind. Man spannt sie vor den
heiligen Wagen; der Priester und der König oder das Oberhaupt des Stammes gehen
neben ihnen und beobachten ihr Wiehern und Schnauben. Und keinem Zeichen
schenkt man mehr Glauben, nicht etwa nur beim Volke: auch bei den Vornehmen,
bei den Priestern; sich selbst halten sie nämlich nur für Diener der Götter,
die Pferde hingegen für deren Vertraute.“
In den Homerischen Epen ziehen
Pferde vor allem Streitwagen, wie dies auch im ägyptischen Neuen Reich und bei
den Assyrern und Hethitern üblich gewesen war. Bei der Bestattung des Patroklos
(Ilias 23, 163) wurden auch Pferde geopfert : „...vier halskräftige
Rosse warf er stracks auf das Scheitergerüst mit heftigem Stöhnen...“ Das
Pferd galt in der griechischen Antike darüber hinaus als symbolisch mit dem Tod
verbunden. Auf Heldenabbildungen durchs Fenster schauend dargestellte Pferde
deuten den Tod des Helden voraus.
Seit der geometrischen Zeit
kommen Streitwagen außer Gebrauch. Kavalleristen auf immer größer gezüchteten
Pferden erwiesen sich mit zunehmender Reitkunst als schneller, wendiger und damit
effektiver als Kämpfer auf Streitwagen.
Bei den Olympischen Spielen der
Antike waren traditionell am zweiten Tag die Disziplinen Wettreiten und Wagenrennen
vorgesehen.
Der griechische Historiker Xenophon
schrieb im 4. Jahrhundert v. Chr. das Werk Peri hippikes („Über die
Reitkunst“), in der er das Wissen über Pferde und Reiten zusammentrug. Die
meisten Ratschläge aus diesem Werk haben auch heute noch Gültigkeit.
Das Hufeisen war bereits den
Römern bekannt und wurde im 5. Jahrhundert während der Völkerwanderung nach
Europa gebracht. Der genaue Ursprung dieser Erfindung ist unbekannt. Dagegen
gelang es den Römern nicht, ein für Pferde geeignetes Lastgeschirr zu
entwickeln. Geeignete Methoden für den Lasttransport mit Pferdekarren kamen
erst sehr viel später auf.
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