Braunbrustigel (Erinaceus
europaeus)
Überordnung: |
Laurasiatheria |
Ordnung: |
Insektenfresser
(Eulipotyphla) |
Familie: |
Igel
(Erinaceidae) |
Unterfamilie: |
Stacheligel
(Erinaceinae) |
Gattung: |
Kleinohrigel (Erinaceus) |
Art: |
Braunbrustigel |
Wissenschaftlicher
Name Erinaceus europaeus Linnaeus 1758
Der Braunbrustigel,
auch Westeuropäischer Igel oder Westigel genannt (Erinaceus
europaeus) ist ein Säugetier aus der Familie der Igel (Erinaceidae). Wenn
hierzulande vom „Igel“ als Art gesprochen wird, ist meist diese Art gemeint
(manchmal auch der Weißbrustigel, der im östlichen Mittel- und in Osteuropa
lebt).
Innerhalb der Familie der Igel
gehört der Braunbrustigel zur Unterfamilie der Stacheligel (Erinaceinae) und
dort zur Gattung der Kurzohrigel (Erinaceus), die neben ihm noch zwei
Arten, den Weißbrustigel (E. concolor) und den Chinesischen Igel (E.
amurensis) umfasst. Die Igel werden in die Ordnung der Insektenfresser
(Insectivora) eingeordnet, die außerdem noch die Spitzmäuse (Soricidae) und die
Maulwürfe (Talpidae) umfasst.
Der Weißbrust- oder Ostigel,
dessen Verbreitungsgebiet sich östlich an das des Braunbrustigels anschließt
und sich zum Teil mit diesem überschneidet, wurde früher manchmal lediglich als
Unterart des Braunbrustigels betrachtet. Gemeinsam fasste man beide Arten als
"Europäischer Igel" zusammen.
Braunbrustigel bewohnen große
Teile West- und Mitteleuropas, darunter die Britischen Inseln, die Iberische
Halbinsel, Frankreich, Italien samt einigen Mittelmeerinseln, Deutschland, die
Schweiz und Österreich; daneben Teile des Baltikums, das nördliche Russland bis
zum Uralgebirge, das südliche Finnland sowie das südliche Skandinavien, wo sich
im 20. Jahrhundert ihr Verbreitungsgebiet ausgedehnt hat. In Neuseeland wurde
die Art im späten 19. Jahrhundert eingeführt und hat sich dort beträchtlich
vermehrt.
Quer durch das östliche
Mitteleuropa (vom westlichen Polen über Österreich bis zur norditalienischen
Adriaküste) erstreckt sich ein Bereich, in dem sich das Verbreitungsgebiet des
Braunbrustigels mit dem des Weißbrustigels überlappt.
Ein ausgewachsener Braunbrustigel
erreicht eine Kopfrumpflänge von 22 bis 30 Zentimetern und ein Gewicht zwischen
700 und 1500 (durchschnittlich rund 1000) Gramm, wobei die Weibchen in der
Regel etwas kleiner als die Männchen sind. Herausragendstes Merkmal sind die
6000 bis 8000 Stacheln, die die Kopfoberseite und den Rücken bedecken. Diese
sind rund 20 Millimeter lang und 1 Millimeter dick, an der Wurzel und Spitze
weiß gefärbt und dazwischen bräunlich-schwarz gebändert. Gesicht und Bauchseite
sind mit einem graubraunen Fell bedeckt. Die Stacheln der Jungtiere erhärten
erst nach der Geburt.
Braunbrustigel haben kurze
Gliedmaßen, wobei die Hinterbeine etwas länger als die Vorderbeine sind. Die
Füße enden jeweils in fünf Zehen, die mit Krallen versehen sind. Die zweiten,
dritten und vierten Zehe sind annähernd gleich lang, die ersten und fünften
sind kleiner und haben auch kleinere Krallen.
Gelegentlich kommen Igel mit
besonders heller Fellfarbe vor. In den 1930er Jahren wurden auf der britischen
Hauptinsel drei sehr helle Exemplare beobachtet. Auf der Kanalinsel Alderney
machen die sogenannten „blonden Igel“ 25 Prozent der Population aus. Ihre
Herkunft ist nicht ganz geklärt. 1966 wurden einige Igel aus der Londoner
Haustierabteilung von Harrods nach Alderney verkauft. Darunter befanden sich
wohl Exemplare mit einer Veranlagung für die helle Fellfarbe. Es wird vermutet,
dass das Fehlen von natürlichen Feinden auf Alderney die Ausbreitung dieses
Merkmals begünstigt hat. Alderney hat eine Briefmarke herausgegeben, die den
„blonden Igeln“ gewidmet ist.
Der Kopf des Braunbrustigels ist
mit einer langen, beweglichen Schnauze versehen. Sie haben 36 Zähne, die
Zahnformel lautet 3/2-1/1-2/3-3/3 (das bedeutet pro Oberkieferhälfte drei
Schneidezähne, ein Eckzahn, zwei Prämolaren und drei Molaren; pro
Unterkieferhälfte zwei Schneidezähne, ein Eckzahn, drei Prämolaren und drei
Molaren.) Die Schneidezähne des Oberkiefers stehen weit auseinander, sodass die
des Unterkiefers dazwischen passen. Wie bei vielen Insektenfressern ist das
Gebiss kräftig entwickelt. Die Augen sind rund und klein, die Ohren ebenfalls
klein und fast völlig im Fell verborgen. Der Gesichtssinn ist schlecht
entwickelt, bei der Nahrungssuche verlassen sie sich vorrangig auf ihren
Geruchssinn, wobei das Jacobson-Organ ihnen zusätzlich bei der Witterung von
Beute oder Feinden hilft. Auch das Gehör ist gut entwickelt.
Braunbrustigel bevorzugen reich
gegliederte Lebensräume. Gebüsche und Hecken, aber auch hohle Baumstämme und
Felsspalten dienen ihnen als Ruheplätze, manchmal beziehen sie auch verlassene
Baue anderer Säugetiere. Als Kulturfolger findet man sie auch in
Streuobstwiesen, Gärten, Parks und Friedhöfen. Auch an Laubwaldrändern sind sie
zu finden, sie meiden allerdings Nadelwälder und zu feuchte Habitate wie Moore.
Wie alle Stacheligel ist auch der
Braunbrustigel ein dämmerungs- und nachtaktiver Einzelgänger. Den Tag
verschläft er in einem Nest, um in der Dämmerung und Nacht auf Nahrungssuche zu
gehen. Er hat zwei Hauptaktivitätsphasen, die erste zwischen 18 und 21 Uhr, die
zweite zwischen 0 und 3 Uhr. Braunbrustigel benutzen mehrere Nester aus Laub
oder Gras, die sie in unregelmäßigen Abständen aufsuchen. Im allgemeinen sind
sie sehr ortstreu; die Größe des Reviers, das sie regelmäßig durchwandern,
beträgt rund zwei Hektar und ist vom Nahrungsangebot abhängig. Die Tiere haben
kein Territorialverhalten und Reviere können sich überlappen, außerhalb der
Paarungszeit meiden sie aber den Kontakt zu Artgenossen.
Zu den bekanntesten Eigenschaften
der Igel zählt ihre Verteidigungstaktik, das Einrollen zu einer Stachelkugel.
Jeder Stachel ist mit einem Aufrichtemuskel (Musculus arrector pili)
ausgestattet. Das Einrollen des Körpers ist ein komplexes Zusammenspiel zahlreicher
Muskeln, darunter des Musculus caudo-dorsalis, der von den
Schwanzwirbeln zum Rücken verläuft und die Stacheln aufrichtet und ein
Schließmuskel (Musculus sphincter cuculli), der das Tier geschlossen
hält und so die ungeschützten Körperteile verbirgt.
Nichtsdestoweniger schützt das
Einrollen den Braunbrustigel nicht völlig vor Fressfeinden. Zu ihren
natürlichen Feinden zählen Greifvögel, Eulen und verschiedene Raubtiere wie
Marder und Füchse, aber auch der Haushund.
Die Hauptnahrung des Braunbrustigels
besteht vorwiegend aus Insekten, darunter Käfer wie die Laufkäfer, Ohrwürmer,
Schmetterlingsraupen, sowie Tausendfüßer und Regenwürmer. Schnecken zählen
nicht zu seiner bevorzugten Nahrung, obwohl das Tier dieser Behauptung seine
Beliebtheit bei Gärtnern verdankt. Immer wieder findet man Angaben, dass die
Tiere in großem Maße auch Schlangen, Mäuse, Vogeleier und Obst fressen sollen.
Dies ist nach neueren Untersuchungen des Magen-Darm-Inhalts aus verschiedenen
europäischen Ländern nicht haltbar.
Ebenfalls in das Reich der
Legende gehört die Behauptung, dass Igel ihre Nahrungsvorräte auf den Stacheln
lagern. Zwar finden sich manchmal Blätter oder Früchte auf seinem Rücken
aufgespießt, allerdings ernähren sich die Tiere nicht davon. Sie nehmen diesen
Ballast unabsichtlich auf, beispielsweise in ihrem Nest, und scheinen danach
keinen großen Eifer an den Tag zu legen, ihn zu entfernen.
Der Braunbrustigel hält einen
Winterschlaf, der auch unterbrochen werden kann. Er zählt zu den echten Winterschläfern
und verbringt während der nahrungsarmen Zeit rund fünf bis sechs Monate (von
Oktober oder November bis April) in einem geschützten kugelförmigen Nest, als
Winterquartier dienen ihm auch Reisig- oder Laubhaufen. Alle
Stoffwechselvorgänge sind dabei stark vermindert. Die Körpertemperatur sinkt
von rund 36 Grad auf ein bis acht Grad, die Atemfrequenz liegt bei ein- bis
zweimal pro Minute, der Herzrhythmus sinkt auf fünf Schläge pro Minute. Während
des Winterschlafes verlieren sie zwischen 17 und 26 Prozent ihres
Körpergewichtes. Um den Winterschlaf zu überleben, müssen die Tiere mindestens
500 Gramm Körpergewicht haben. Bei 15 Grad Außentemperatur wird der
Winterschlaf beendet.
Die Paarungszeit der Igel beginnt
bereits Ende April oder im Mai und erstreckt sich bis Mitte August, wobei die
ersten Paarungsversuche meistens ohne Erfolg bleiben. Nach einer Tragezeit von
rund 35 Tagen bringt das Weibchen zwischen Juli und September seinen Nachwuchs
zur Welt. In Mitteleuropa wird nur ein Wurf pro Jahr ausgetragen, in wärmeren
Regionen ihres Verbreitungsgebietes können jährlich zwei Würfe zur Welt kommen.
Die Wurfgröße kann zwischen zwei und zehn variieren, durchschnittlich kommen
vier bis fünf Jungtiere zur Welt.
Die Jungtiere wiegen bei der
Geburt 12 bis 25 Gramm und haben noch geschlossene Augen und Ohren. Erst im
Alter von 14 Tagen beginnen sie sich zu öffnen. Mit 21 Lebenstagen stoßen die
Milchzähne durch. Im Alter von dreieinhalb Wochen verlassen die Jungen erstmals
das Nest und versuchen selbständig Nahrung zu finden. Die Säugezeit dauert
ungefähr bis zur sechsten Woche. Die Geschlechtsreife erlangen sie ungefähr mit
neun Monaten.
Braunbrustigel sind sehr oft von
Parasiten befallen. Zu den Endoparasiten zählen der Lungenwurm Crenosoma
striatum und Haarwürmer der Gattung Capillaria sowie Kokzidien wie Isospora
rastegaievae. Bei den Ektoparasiten sind vor allem Flöhe wie der Igelfloh Archaeopsylla
erinacei, Zecken und andere Milben von Bedeutung. Bei den
Infektionskrankheiten spielen vor allem Salmonellen eine wichtige Rolle.
Tollwut ist hingegen extrem selten, auch bei der Übertragung der Maul- und
Klauenseuche spielen sie keine Rolle.
Zur Lebenserwartung gibt es
unterschiedliche Angaben, in freier Natur dürfte sie zwischen drei und sieben
Jahren liegen. In Gefangenschaft erreichten Igel schon ein Alter von über zehn
Jahren. Untersuchungen haben gezeigt, dass die Todesrate bei Jungigeln sehr
hoch ist: 60 bis 80% überleben das erste Jahr nicht; viele Jungtiere sterben
während des Winterschlafs.
Der Igel spielt in Märchen und
Aberglaube eine wichtige Rolle. Ihm werden entsprechend seit alters her
Eigenschaften nachgesagt. So ist im Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens
etwa zu lesen, dass nach Megenberg der Igel zwei Afteröffnungen habe, um den
Kot auszulassen. Außerdem sei der Igel unkeusch mit seinem Weibchen, da ihn die
Stacheln auf ihrem Rücken stechen. Das Weibchen dreht sich nach seiner Ansicht
auf den Rücken. Ebenfalls dort ist Charus zitiert, der meinte, dass der Igel
auf Weinberge steigt und mit den Stacheln Trauben pflückt.
Je nach Interpretation bringen
Igel Glück oder Unglück, so galt den Zigeunern der Igel als Glückstier. Ein
toter (Schweine)-Igel bedeutete den Wotjaken allerdings ein sicheres Zeichen
für den nahen Tod. Nach Zahler verursacht ein Igel im Stall den
"Flug", eine gefürchtete Eutererkrankung der Kühe. In
Norddithmarschen sollte ein toter Igel, der im Stall als Bauopfer vergraben
wird, allerdings Glück bringen. In Lippe wurde der Igel als Hexentier
angesehen, der die Bettfedern zu Kränzen ballt, daher wurde er hier lebendig
verbrannt.
Auch zum Abstillen von Babys
wurden Igelbälge genutzt, die Mutter legte diese zur Abschreckung auf die
Brust.
In der Volksmedizin nutzte man
Igel vielfältig. So wurden die Stacheln in altfranzösischen Liebeszaubern
genutzt. Igelasche etwa wirkte als Haarwuchsmittel und gegen Epilepsie,
Wassersucht und Blasenschwäche sowie gegen Pferdeerkrankungen. Nieren- und
Blasensteine versuchte man mit getrocknetem Igelblut auszutreiben und Igelfett
galt als Heilmittel bei Knochenbrüchen und offenen Wunden. Wurde der ganze
Körper mit Igelfett eingerieben, half das gegen Erbkrankheiten. Igel- und auch
Fuchsschmalz auf einem Stock dagegen lockte alle Flöhe des Haushalts an.
Igelgalle galt als Verschönerungsmittel, Igelleber als Mittel gegen
Nierenkrankheiten und Krämpfe und Igelmilz wurde gegen Milzerkrankungen
eingesetzt.
In vielen Regionen Europas wurde das
Fleisch des Igels als Nahrungsquelle genutzt. Besonders beliebt soll dies bei
Zigeunern gewesen sein, in Spanien galt Igelfleisch sogar als beliebte
Fastenspeise.
Menschengemachte Gefahren stellen
die größte Bedrohung für den Igel dar. Durch die zunehmende Verknappung seines
Lebensraumes durch Bebauung, großflächige Landwirtschaft und Flurbereinigung
ist er in Teilen seines Verbreitungsgebietes selten geworden. Darüberhinaus
kommt es zu Inselbildungen, durch die Gruppen genetisch isoliert werden. Der
Straßenverkehr spielt eine weitere Rolle bei der Gefährdung der Igel. Nach
einer älteren Hochrechnung fallen ihm allein 500.000 Igel jährlich in
Deutschland zum Opfer.
Teilweise findet man im
Spätherbst zu kleine Igel (unter 700 g), die ohne Hilfe des Menschen in den
Winterschlaf fallen würden und dann nicht mehr aufwachen würden. Nur in diesen
Fällen ist es vertretbar - nach Rücksprache mit Tierarzt und Igelnothilfe (z.B.
„Pro-Igel“) - die Igel im Haus aufzunehmen, sie aufzupäppeln und
-spätestens im Frühjahr- wieder auszuwildern. Detaillierte Informationen finden
sich bei einschlägigen Organisationen [1].
Wikpedia
http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Braunbrustigel&action=history
http://www.gnu.org/copyleft/fdl.html