So unterschiedlich die Säugetiere
in Bezug auf ihren Körperbaus und ihre Lebensräume sind, so unterschiedlich
sind auch ihre Lebensweisen. Es finden sich tag-, dämmerungs- und nachtaktive
sowie kathemerale (sowohl am Tag als auch in der Nacht aktive) Arten. Auch
hinsichtlich des Sozialverhaltens gibt es beträchtliche Unterschiede, neben
strikt einzelgängerischen Arten gibt es andere, die in Gruppen von bis zu
Tausenden von Tieren zusammenleben. Manche Arten haben komplexe
Verhaltensmuster entwickelt, sie etablieren eine strenge Rangordnung innerhalb
der Gruppe und kommunizieren untereinander mittels Lauten, Gesten oder
Körperhaltungen. Obwohl es die Ausnahme ist, so gibt es auch Säugetiere, die
Gifte zur Verteidigung oder zur Jagd einsetzen (siehe: Giftige Säugetiere).
Der Geruchssinn spielt eine
bedeutende Rolle in der Lebensweise der Säugetiere, unter anderem bei der
Nahrungssuche und bei der Fortpflanzung, wo Pheromone die Paarungsbereitschaft
signalisieren. Auch für das Territorialverhalten ist der Geruch bedeutend,
etliche Arten markieren ihr Territorium mittels Urin, Kot oder spezieller
Drüsensekrete.
Echoortung bei
Delfinen
Im Allgemeinen ist bei
Säugetieren das Gehör gut entwickelt. Eine Sonderform ist die Echoortung, bei
der anhand des zurückkehrenden Echos ausgesandter Schallwellen die eigene
Position bestimmt oder Beute lokalisiert werden kann. Bei zwei Taxa, den Zahnwalen
und den Fledermäusen, ist die Echolokation besonders ausgeprägt, sie findet
sich aber auch bei anderen Gruppen.
Auch der Tastsinn dient der
Wahrnehmung der Umwelt. Viele Arten haben zu diesem Zweck spezielle Tasthaare
(Vibrissae) entwickelt, die außerordentlich empfindlich sind und durch
Muskelbewegungen gesteuert werden können. Auch die Haut selbst ist ein
Sinnesorgan, bestimmte Körperteile sind besonders reich an Mechanorezeptoren,
zum Beispiel die Fingerspitzen der Primaten oder die Nasen- beziehungsweise
Rüsselregion vieler Arten. Der bestentwickelte Tastsinn aller Säuger wird im
Allgemeinen dem Sternmull zugesprochen. Erwähnt seien in diesem Zusammenhang
noch die feinen Elektrorezeptoren im Schnabel der Kloakentiere, die auf die
Muskelbewegung der Beutetiere reagieren. Auch in der sozialen Interaktion ist
der Tastsinn oft bedeutend, zum Beispiel bei der von vielen Tieren
praktizierten gegenseitigen Fellpflege („Grooming“).
Die Bedeutung des Gesichtssinnes
ist stark unterschiedlich. Oft spielt er jedoch nur eine untergeordnete Rolle,
insbesondere bei unterirdisch lebenden Tieren, deren Augen oft rückgebildet
sind. Große Augen und ein relativ gutes Sehvermögen haben dagegen
beispielsweise die Katzen und die Primaten. Auch die Position der Augen ist
ausschlaggebend: während Räuber meist nach vorne gerichtete Augen haben, die
ein räumliches Sehen und somit eine genauere Entfernungsabschätzung
ermöglichen, sind die Augen von Beutetieren oft seitlich angebracht, was einem
nahezu vollständigen Rundumblick und der frühestmöglichen Erkennung von
Gefahren dient.
Eine Gemeinsamkeit aller
Säugetiere ist der verglichen mit anderen Tieren gleicher Größe hohe Energie-
und demzufolge Nahrungsbedarf, der eine Folge der gleich bleibenden
Körpertemperatur ist. Einige Arten verzehren täglich nahezu Nahrung im Ausmaß
ihres eigenen Körpergewichtes. Hinsichtlich der Art der Nahrung gibt es eine
gewaltige Bandbreite, es finden sich Pflanzenfresser (Herbivoren),
Fleischfresser (Carnivoren) und ausgeprägte Allesfresser (Omnivoren). Die
Anzahl und der Bau der Zähne sowie die Ausgestaltung des Verdauungstraktes
spiegeln die Ernährungsweise wider. Fleischfresser haben einen kurzen Darm, um
die rasch entstehenden Fäulnisgifte ihrer Nahrung zu vermeiden.
Pflanzenfresser, deren Nahrung im Allgemeinen schwerer verdaulich ist, haben
eine Reihe von Strategien entwickelt, um die Inhaltsstoffe bestmöglich
verwerten zu können. Dazu gehören unter anderem ein längerer Darm, ein
mehrkammeriger Magen (zum Beispiel bei Wiederkäuern oder Kängurus) oder die
Caecotrophie, das nochmalige Verzehren des Kotes bei Nagetieren und Hasen. Rein
blätterfressende (folivore) Arten (zum Beispiel Koalas oder Faultiere) nutzen
ihre nährstoffarme Nahrung bestmöglich aus, indem sie ausgesprochen lange Ruhephasen
einlegen.
Paviane sind ein
Beispiel für das komplexe Paarungsverhalten vieler Säugetiere
Die meisten Säugetierarten sind
entweder polygyn (ein Männchen paart sich mit mehreren Weibchen) oder
promiskuitiv (Männchen und Weibchen paaren sich mit mehreren Partnern). Da die
Trage- und Säugezeit für die Weibchen zeit- und energieintensiv ist, könnten
die Männchen mehr Jungtiere zeugen als Weibchen. Daraus ergibt sich in vielen
Fällen ein polygynes Verhalten, bei dem relativ wenige Männchen sich mit vielen
Weibchen fortpflanzen und viele Männchen leer ausgehen. Eine Folge davon sind
oft heftige Rivalenkämpfe zwischen den Männchen um das Paarungsvorrecht und in
manchen Fällen eine Wahlmöglichkeit seitens des Weibchens. Daraus resultieren
bei vielen Säugetieren komplexe Verhaltensweisen oder anatomische Merkmale in
Hinblick auf die Fortpflanzung. Viele Arten sind durch einen
Geschlechtsdimorphismus (Männchen sind oft deutlich größer und schwerer als
Weibchen) charakterisiert, auch als eine Folge des Selektionsdruckes der
Männchen im Hinblick auf eine Verbesserung der Paarungschance.
Schätzungen zufolge leben drei
Prozent aller Säugetierarten in monogamen Beziehung, in welchen sich ein
Männchen während der Paarungszeit nur mit einem einzigen Weibchen fortpflanzt.
In diesen Fällen beteiligt sich das Männchen meistens zumindest teilweise an
der Jungenaufzucht. Manchmal hängt das Paarungsverhalten auch von den
Umweltbedingungen ab: bei knappen Ressourcen paart sich das Männchen nur mit
einem Weibchen und hilft bei der Aufzucht mit, bei Nahrungsreichtum kann das
Weibchen das Jungtier allein großziehen und die Männchen paaren sich mit
mehreren Partnerinnen.
Die Polyandrie (ein Weibchen
paart sich mit mehreren Männchen) findet sich nur selten im Säugetierreich, zum
Beispiel bei manchen Krallenaffen. Bei diesen Tieren kümmert sich hauptsächlich
das Männchen um den Nachwuchs.
Nacktmulle
stechen durch ihre eusoziale Lebensweise hervor
Erwähnt seien noch manche Arten
der Sandgräber, einer in Afrika lebenden Nagetiergruppe, wie der Nackt- oder
der Graumull. Diese pflegen eine eusoziale Lebensweise: Ähnlich wie bei manchen
Insekten ist in einer Kolonie ein einziges Weibchen, die „Königin“, fruchtbar
und paart sich mit mehreren Männchen, während die übrigen Tiere als
unfruchtbare Arbeiter die notwendigen Tätigkeiten zur Versorgung der Gruppe
verrichten.
Hinsichtlich der Gebärweise gibt
es zwischen den drei Unterklassen der Säugetiere die augenfälligsten
Unterschiede.
Merkmal der Ursäuger ist eine
gemeinsame Körperöffnung für die Ausscheidungs- und Fortpflanzungsorgane, die
Kloake. Der Penis der Männchen ist ausschließlich samenführend und an der
Spitze gespalten. Die Ursäuger unterscheiden sich von allen anderen Säugetieren
darin, dass sie nicht lebendgebärend sind, sondern Eier legen. Diese sind klein
(rund 10 bis 15 Millimeter Durchmesser) und ähneln mit ihrer ledrigen Schale
und dem großen Dotter mehr Reptilien- als Vogeleiern. Die ein bis drei Eier
werden vom Weibchen rund zehn Tage lang bebrütet. Neugeschlüpfte Ursäuger sind
nackt und klein und sind in ihrem embryoartigen Zustand neugeborenen
Beuteltieren vergleichbar.
Weibliches
Känguru mit Jungtier im Beutel
Die Beutelsäuger unterscheiden
sich im Bau der Fortpflanzungsorgane deutlich von Höheren Säugetieren. Bei
ihnen ist der Fortpflanzungstrakt verdoppelt, Weibchen haben zwei Uteri und
zwei Vaginae, auch die Männchen besitzen einen gespaltenen oder doppelten Penis
mit davorliegendem Scrotum. Die Tragzeit ist kurz (12 bis 43 Tage),
Rekordhalter ist die Schmalfußbeutelmaus Sminthopsis macroura mit nur
10,5 bis 11 Tagen. Die meisten Arten entwickeln keine Plazenta, allerdings ist
bei manchen Beutelsäugern (zum Beispiel Koalas oder Nasenbeutlern) ein primitiver
Mutterkuchen vorhanden. Die Neugeborenen kommen durch einen zwischen den
Vaginae liegenden Geburtskanal zur Welt, der bei vielen Arten eigens für die
Geburt angelegt wird. Neugeborene Beutelsäuger sind klein und im Vergleich zu
den Höheren Säugetieren unterentwickelt. Das Gewicht des Wurfes beträgt stets
weniger als 1 % des Gewichts der Mutter, die Babys der Rüsselbeutler wiegen gar
nur fünf Milligramm und sind somit die kleinsten neugeborenen Säugetiere
überhaupt. Neugeborene Beutelsäuger haben erst rudimentär entwickelte Organe,
lediglich die Vordergliedmaßen sind gut entwickelt, da der Nachwuchs aus
eigener Kraft zu den Zitzen der Mutter krabbeln muss.
Viele, aber bei weitem nicht alle
Beutelsäuger besitzen einen Beutel, in welchem sich die Zitzen befinden. Die
Weibchen mancher Arten haben einen permanenten Beutel, bei anderen wird er erst
während der Tragzeit ausgebildet, wieder bei anderen hängen die Jungtiere frei
an der Zitze der Mutter, lediglich durch ihr Fell oder Hautfalten verborgen.
Neugeborene hängen sich mit dem Mund an die Zitze und bleiben die ersten
Lebenswochen fix damit verbunden. Die Säugezeit dauert im Vergleich zu den
Höheren Säugetieren länger.
Früher wurde die Gebärweise der
Beutelsäuger als eine primitive, im Vergleich zu den Höheren Säugetieren
unterentwickelte Methode betrachtet. Auch die Verdrängung mancher Beuteltiere
durch eingeschleppte Plazentatiere hat zu diesem Vorurteil beigetragen.
Abgesehen davon, dass dieses „Fortschrittsvorurteil“ hin zur Entwicklung des
Menschen in der modernen Systematik weitgehend abgelöst wurde und etliche
Beuteltierarten ihr Verbreitungsgebiet sehr erfolgreich ausgedehnt haben,
bietet die Fortpflanzungsmethode der Beutelsäuger auch Vorteile: zum einen ist
die für die Mutter anstrengende Tragzeit verkürzt, zum anderen kann weit
schneller als bei Plazentatieren erneut ein Jungtier zur Welt gebracht werden,
sollte das früher geborene sterben.
Elefanten haben
die längste Trächtigkeitsdauer aller Säugetiere
Die Höheren Säugetiere oder
Plazentatiere umfassen bei weitem die meisten Arten. Beide deutschen Namen für
dieses Taxon sind aber etwas unglücklich gewählt: Das Wort „höher“ spiegelt
einen Fortschritt wieder, der in der modernen Systematik nicht haltbar ist, und
auch manche Beutelsäuger haben eine einfache Plazenta.
Schlüsselmerkmal der Höheren
Säugetiere ist der Trophoblast (die äußere Zellschicht eines befruchteten Eis).
Diese Schicht stellt eine immunologische Barriere dar und ermöglicht ein langes
Heranwachsen im Mutterleib. Beutelsäuger haben keinen Trophoblast, die
Tragezeit muss beendet sein, bevor die Immunabwehr der Mutter voll wirksam
wird. Die Plazenta der Höheren Säugetiere ist durch das Allantochorion (eine
Zottenhaut) charakterisiert. Die Zotten (Villi) sorgen für eine effizientere
Ernährung des Keimes.
Die Dauer der Schwangerschaft und
die Anzahl der Neugeborenen ist auch von der Lebensweise abhängig. Nesthocker
(zum Beispiel Raubtiere oder Nagetiere) haben eher eine kurze Tragzeit und eine
hohe Wurfgröße, während Nestflüchter (zum Beispiel Paarhufer und Wale) eine
lange Tragzeit und eine niedrige Wurfgröße aufweisen. So beträgt die
Trächtigkeitsdauer bei manchen Hamsterarten nur 16 Tage, während sie bei
Afrikanischen Elefanten bis zu 25 Monate dauern kann.
Hausrindkuh säugt
ihr Kalb
Große Tenreks
haben mit bis zu 32 Neugeborenen die höchste Wurfgröße aller Säugetiere
Das namensgebende Merkmal der
Säugetiere ist, dass das Weibchen die neugeborenen Kinder mit Milch ernährt,
einer Nährflüssigkeit, die in Milchdrüsen produziert wird. Diese setzen sich
aus äußerlich abgrenzbaren Drüsenkomplexen („Mammarkomplex“) zusammen, von
denen jeder meist in einer Warze endet, die Zitze, beim Menschen auch
Brustwarze, genannt wird. Eine Ausnahme bilden die Ursäuger, wo die
Neugeborenen die Milch direkt von den Milchdrüsenfeldern aus dem Fell der
Mutter lecken. Die Anzahl der Drüsenkomplexe ist je nach Art unterschiedlich
und hängt mit der durchschnittlichen Wurfgröße zusammen, so haben Menschen oder
Pferde nur zwei, Große Tenreks hingegen 24. Die Ernährung mit Milch wird als
Säugen beziehungsweise beim Menschen als Stillen bezeichnet und solange
durchgeführt, bis das Jungtier fähig ist, feste Nahrung zu sich zu nehmen.
Das Säugen hat große Konsequenzen
für Jungtiere und Weibchen. Neugeborene erhalten ohne viel Aufwand eine fett-
und nährstoffreiche Nahrung, die ein schnelles Wachstum gewährleistet, sind
aber im Gegenzug auf die Präsenz der Mutter angewiesen. Ein Ammenverhalten, das
heißt dass Weibchen auch fremde Kinder säugen, ist nur von wenigen Arten (zum
Beispiel Löwen) bekannt. Mit dem Säugen gehen in den meisten Fällen auch eine
intensive Brutpflege und ein fürsorgliches Verhältnis zu den Jungen einher. Für
die Weibchen wiederum bedeutet das Säugen, viel Zeit und Energie investieren zu
müssen.
So unterschiedlich die Gestalt
und Lebensweise der Säugetiere ist, so unterschiedlich ist auch ihre
Lebenserwartung. Generell leben kleinere Arten weniger lang als größere Arten,
die Fledertiere bilden jedoch eine Ausnahme von diesem Muster. Während
männliche Breitfuß-Beutelmäuse durchwegs alle im Alter von rund elf Monaten
sterben, nachdem sie sich das erste Mal fortgepflanzt haben, können größere
Säugerarten mehrere Jahrzehnte alt werden. Von den an Land lebenden Arten kommt
keine an das Alter des Menschen heran, bei dem durch die Verbesserung der
Medizin mittlerweile ein Höchstalter von 122 Jahren (Jeanne Calment) belegt
ist. Neben dem Menschen dürften die Elefanten mit bis zu 80 Jahren die
Landsäugetiere mit der höchsten Lebenserwartung sein. Allerdings werden manche
Walarten deutlich älter, das älteste bekannte Säugetier war ein Grönlandwal mit
211 Jahren.
Wikipedia
http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=S%C3%A4ugetiere&action=history
http://www.gnu.org/copyleft/fdl.html